© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch Zittern mit Hertha: Manchmal Genuss, oft Verdruss
Berlins größte Nummer im Fußball havariert seit Jahrzehnten zuverlässig auf Schlingerkurs, was aber irgendwie liebenswert ist. Ein persönlicher Kommentar.
Ein Kommentar von Claus Vetter
Hertha, Du olle Curry Boulette. Die Vorfreude oft Dich ist verheißungsvoll, doch nach dem Genuss, da gibt es dann schon mal nen deftigen Abgang. Manchmal Genuss, oft Verdruss. Als Du deinen letzten großen Titel geholt hast, da war meine Omma noch Teenagerin. Irgendwie löst Du Deine Versprechen vom großen Wurf nie ein, in dieser Saison hast mehr als den Klassenerhalt versprochen und nun? Spielst Du wieder die Dramaqueen, es heißt für Deine Fans zittern bis zum Schluss, am Freitag heißt der Strohhalm Köln. Und dann ist ja noch Zittern angesagt, weil angeblich die Lizenz in Gefahr ist.
Aber das kennen wir ja schon und irgendwie gehört es dazu, bei allem, was im Olympiastadion von Dir veranstaltet wurde in den letzten Jahrzehnten. Ich erinnere mich noch daran, als Ete Beer und Co. In der Saison 1974/1975 Vizemeister wurden, am letzten Spieltag. Hui, ich habe fast alle Unterschriften der komplette Elf auf dem Zettel gehabt eine Saison später, nach einem Testspiel im Harz, Hertha hatte tags zuvor 2:5 bei Eintracht Braunschweig verloren. Und nun ja, es ging auch damals, nach der Vizemeisterschaft, eher mal so und mal so und immer knapp daneben (zwei verlorene Pokalfinale, 77 (mit Wiederholungsspiel) und 79).
Klar, es gab sie auch für mich die kleinen großen Momente. Die Auf- und Abstiege, das Gefühl, schaut her, wir können in Berlin auch Bundesliga und bei uns geht es aufwärts. Persönliches Highlight: Zum Beginn der Saison 1990/1991, als der Uwe Rahn bei uns spielte und meine Kumpels aus Hamburg, unverbesserliche St.-Pauli-Fans, staunten: „Wie, der spielt bei Euch.“ Aber hallo!
Klar wurde das Spiel nach 1:0-Pausenführung dann 1:2 von Hertha verloren. Oder das 1:1 gegen Wattenscheid damals nach der Wende im Jahr davor, Röbers Rettungsspiel gegen den KSC (3:1, nach Rückstand, Oktober 1997). Hertha-Bubis und das Pokalfinale (1993), Champions League im Nebel, Marcelinho, Fast-Meisterschaft unter Favre, Auf- und Abstieg, immer wieder Dardai und so weiter.
Ein Union-Fan sagte mir kürzlich, dass das Erlebnis im Forsthaus von Köpenick ein ganz Unverwechselbares sei, im Olympiastadion dagegen könne jeder spielen, das sei austauschbar für die Zuschauenden. Aber wer den bitte soll da sonst spielen? Seit Blau-Weiß 90 hat die Hütte doch keiner halbwegs voll bekommen und das war in der Saison 1986/1987 und die Schüssel war auch da nie mehr als halbvoll.
Nö. Bei Hertha riecht es nach Schulle, Wedding und Charlottenburg, das kriegt keine andere Mannschaft hin. Mag Bayer Uerdingen, inzwischen selig, auch mehr Pokale gewonnen haben seit 1931. Hertha ist unverwechselbar. Und zur Not dann auch in Liga zwei, drei oder vier. Es wird schon weitergehen, darauf ist bei Dir, liebe Hertha, Verlass.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de