© imago images/Matthias Koch Vor 73.345 Zuschauenden im Olympiastadion: Der 1. FC Union kämpft gegen Braga um das Hier und Jetzt
Am Tag der Deutschen Einheit feiert der 1. FC Union in der Champions-League ein historisches Fußball-Ereignis. Dabei muss man sich vor allem um die Gegenwart kümmern.
Von Kit Holden
Eigentlich war Urs Fischer in den letzten Jahren immer wieder gerne im Olympiastadion. Dreimal in Folge hatte seine Mannschaft dort gegen Hertha BSC gewonnen und damit auch für eine Wachablösung im Berliner Fußball gesorgt. Doch für Selbstzufriedenheit ist Fischer ja nicht bekannt, und in diesen Tagen erst recht nicht. „Die Vergangenheit ist für uns kein Thema“, sagte der Trainer des 1. FC Union am Montag. „Denn wir haben mit der Gegenwart genug zu tun“.
Am Dienstagabend bestreitet der 1. FC Union sein erstes Champions-League-Heimspiel gegen den SC Braga, was nicht nur im fußballerischen Sinne ein historisches Ereignis sein wird. Ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit erreicht die Erfolgsgeschichte aus dem Berliner Osten einen neuen Höhepunkt, und das auch noch im Olympiastadion. Über Geschichte und Geschichten, die nur der Fußball schreibt, wird an diesem Abend wohl sehr viel die Rede sein. Und trotzdem gilt es in erster Linie, sich um die Gegenwart zu kümmern.
Angesichts der aktuellen Form ist die Stimmung bei Union nämlich etwas getrübter, als man es sich vielleicht zu diesem Anlass gewünscht hätte. Nach fünf Niederlagen in Folge braucht man dringend einen Sieg. Nach 332 Minuten ohne eigenen Treffer braucht man vor allem auch ein Tor. Auf der Pressekonferenz am Montag sprach man viel von dem, was jetzt gebraucht wird. Mehr Effizienz. Mehr Kompaktheit. Eine Rückkehr zu den viel beschworenen Basics, die Union überhaupt erst erfolgreich gemacht hatten.
Ein bisschen wird man aber auch hoffen, dass das neue Umfeld vielleicht auch Kräfte freisetzen kann. Dass Union für seine Champions-League-Spiele ins Olympiastadion zieht, hat nicht nur für Begeisterung gesorgt. Doch in den letzten Wochen war die Alte Försterei ja auch nicht mehr die Festung, die es üblicherweise ist, und womöglich tut die größte Heimspielkulisse der Vereinsgeschichte Union auch gut. Stolze 73.345 Menschen werden am Dienstag im Stadion sein: ein Novum für den einst kleinen Verein aus Köpenick.
Das Selbstvertrauen ist bei uns nicht so groß, da braucht es diesen zwölften Mann.
Urs Fischer, Trainer des 1. FC Union, über die erwartete Zuschauerzahl
„Ich freue mich wirklich auf dieses ungewohnte Spiel. Man weiß schon auch, wie wichtig die Fans für uns sind, und morgen vor 70.000 zu spielen, könnte wichtig sein für die Jungs. Das Selbstvertrauen ist bei uns nicht so groß, da braucht es diesen zwölften Mann“, sagte Fischer. Neben ihm nickte Union-Verteidiger Diogo Leite und sprach davon, den „fantastischen“ Fans ein „Geschenk“ machen zu wollen.
Zuletzt haperte es vor dem Tor, aber auch in der Defensive
Gleichzeitig warnte der Portugiese vor dem Gegner aus seiner Heimat. „Es wird ein ganz schweres Spiel sein. Braga ist kräftig, hoch motiviert und widerstandsfähig und sie verbessern sich stetig“, so Leite, der vor zwei Jahren noch bei Braga spielte. Während Union gerade weder für Geld noch gute Worte ein Tor kaufen kann, haben die Portugiesen acht Treffer in den letzten zwei Spielen. Man müsse besser verteidigen als zuletzt, betonte Leite.
Umso mehr gilt das, weil das Spiel für den weiteren Verlauf der Champions-League-Saison eine Riesenbedeutung haben könnte. Union und Braga gelten als die Außenseiter in der Gruppe, werden vermutlich um den dritten Platz konkurrieren. Wenn Union im internationalen Wettbewerb überwintern will, dann darf dieses Spiel eigentlich nicht verloren werden. “Beide Mannschaften sind mit einer Niederlage in die Gruppe gestartet, umso wichtiger ist also das zweite Spiel”, so Fischer.
Gleichzeitig wies er auf die vergangene Saison hin, als Union nach zwei Niederlagen in den ersten zwei Gruppenspielen sich doch noch zurückgekämpft hatte, und am Ende sogar vor Braga auf dem zweiten Platz landete. Gerade in einer solchen Phase brauche man auch Optimismus, betonte der Trainer.
Bei Union kennt man das ja. In den 33 Jahren seit der Wende gab es deutlich schlimmere Krisen als eine Pleitenserie in der Champions-League und der ersten Bundesliga. Auch in den vergangenen Jahren konnte man sich nach Schwächephasen immer wieder schnell erholen und wieder in die Erfolgsspur kommen. Andererseits liegt das alles jetzt in der Vergangenheit. Und am Dienstag geht es vor allem um das Hier und Jetzt.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de