Verträge mit Hostels und Hotels laufen nur bis zum Frühjahr: Berlin brechen 3000 Plätze für Flüchtlingsunterbringung weg

© dpa/Lena Lachnit

Verträge mit Hostels und Hotels laufen nur bis zum Frühjahr: Berlin brechen 3000 Plätze für Flüchtlingsunterbringung weg

Für Tausende Flüchtlinge, die derzeit in Hostels und Hotels in Berlin leben, muss der Senat bald eine andere Unterkunft suchen. Doch über zusätzliche Container auf dem Tempelhofer Feld streitet Schwarz-Rot weiterhin.

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Die ohnehin schon angespannte Situation bei der Unterbringung von Geflüchteten in Berlin könnte sich Anfang kommenden Jahres noch einmal erheblich verschärfen. Dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) fallen ab Februar 2024 voraussichtlich 3000 Plätze für die Unterbringung weg, da entsprechende Verträge mit Hotels und Hostels auslaufen.

Das geht aus einer Anfrage des Grünen-Abgeordneten Jian Omar an die Senatssozialverwaltung hervor. Zuerst hatte der „Rbb“ darüber berichtet.

Bis Mitte November hatte das LAF demnach 2212 Plätze in Hotels oder Hostels angemietet, von denen zu diesem Zeitpunkt 1625 besetzt waren. Im Laufe des Monats sollten weitere 900 Plätze hinzukommen.

Wegner hatte vom Wegfall gewusst

Allerdings werden die vom LAF angemieteten Kontingente „von den Hotelbetrieben nur für einen begrenzten Zeitraum zur Verfügung gestellt“, erklärt die Sozialverwaltung. Die 3000 Plätze werden „in den Monaten Februar 2024 bis Aprils 2024 mit hoher Wahrscheinlichkeit nahezu aufgelöst“.

Durch den Wegfall der Plätze könnte sich die Situation bei der Unterbringung der Geflüchteten weiter verschärfen. Schon jetzt sind die rund 34.000 Plätze des LAFs fast vollständig belegt.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erklärte vom Wegfall der Tausenden Plätze gewusst zu haben. „Wir wurden nicht überrascht, wir wussten ja, dass die Verträge auslaufen. Jetzt müssen wir das so annehmen, dass wir im März dann auch die Alternativen zur Verfügung stellen können“, sagte er im Anschluss an die Senatssitzung.

Wir haben immer gesagt, dass das keine dauerhafte Lösung ist.

Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) zur auslaufenden Unterbringung von Geflüchteten in Hostels und Hotels.

Auch Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) spielte die Bedeutung der auslaufenden Hotel- und Hostelplätze herunter. „Wir haben immer gesagt, dass das keine dauerhafte Lösung ist.“ Ziel sei nun, die betroffenen Menschen dezentral in der Stadt unterzubringen.

Unter anderem daran soll auch der neue Sonderbeauftragte des Landes für Flüchtlingsangelegenheiten, Albrecht Broemme, arbeiten, den der Senat am Dienstag eingesetzt hat. Er soll neben Wegner und Kiziltepe auch die Taskforce für die Flüchtlingsunterbringung mitleiten und eine zentrale Clearingstelle für Flüchtlingsangelegenheiten aufbauen.

Die Suche nach neuen Unterkünften ist extrem schwierig

Allerdings gestaltet sich die Suche nach neuen Standorten zur Unterbringung von Flüchtlingen in Berlin weiterhin extrem schwierig. Auf Nachfrage konnten Wegner und Kiziltepe am Dienstag keine neuen Orte nennen, an denen kurzfristig Platz für weitere Asylbewerber wären.

Zugleich spitzt sich die Lage seit Monaten zusehends zu. Neben der Anmietung von Hotels hatte der Senat daher im Spätsommer beschlossen, auch die Massenunterkünfte in Tegel und Tempelhof auszubauen.

Senat ermöglicht weitere Flüchtlingsunterbringung auf dem Tempelhofer Feld

In der Notunterkunft Tegel stehen laut Sozialverwaltung zurzeit 5880 Plätze zur Verfügung. Geplant ist ein weiterer Ausbau auf bis zu 7100 Plätze.

Auch auf dem Gelände des Tempelhofer Feldes, wo derzeit 1830 Asylsuchende unterkommen, ist der Aufbau weiterer Plätze geplant. Mit der Änderung des Tempelhofer-Feld-Gesetzes schaffte der Senat am Dienstag die Grundlage für die Errichtung weitere mobiler Unterkünfte.

Mit dem neuen Gesetz geben wir die Möglichkeit, dringend benötigten Wohnraum für Geflüchtete in der Stadt zu schaffen.

Senatorin Manja Schreiner (CDU) zur Änderung des Tempelhofer-Feld-Gesetzes

„Mit dem neuen Gesetz geben wir die Möglichkeit, dringend benötigten Wohnraum für Geflüchtete in der Stadt zu schaffen“, sagte die für das Feld zuständige Senatorin Manja Schreiner (CDU). Dafür schaffe man nun Platz auf 14,4 Hektar auf dem Tempelhofer Feld.

Er sei „erleichtert“, dass der Senat das Gesetz nun beschlossen habe, sagte Wegner. Vorausgegangen war ein wochenlanger Streit zwischen CDU und SPD über die Frage, ob ein Ausbau der Flüchtlingsunterkunft auf dem Tempelhofer Feld rechtlich ermöglicht werden solle. Insbesondere Kiziltepe hatte sich lange gegen diese Regelung gesträubt.

Integrationssenatorin Kiziltepe sieht keinen Plan für mehr Flüchtlinge in Tempelhof, Wegner widerspricht

Doch der Streit um die Flüchtlingsunterbringung auf dem Tempelhofer Feld scheint auch nach dem Beschluss nicht beendet. „Aktuell ist die Fläche nicht für die Unterbringung von weiteren Menschen geplant“, wurde Kiziltepe nicht müde, im Anschluss an die Senatssitzung zu betonen.

Wenn der Bedarf an zusätzlichen Containern da sei, müsse sich der Senat mit dieser Frage neu befassen, sagte die Integrationssenatorin. Sie selbst gehe davon aus, dass die neue Fläche auch künftig nur für soziale und Freizeitzwecke von Flüchtlingen genutzt würde – nicht für zusätzliche Container.

Ich persönlich gehe davon aus, dass wir die Fläche wahrscheinlich brauchen, sonst würden wir das Gesetz nicht beschließen.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zur Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Tempelhofer Feld

Dieser Sicht widersprach Wegner. „Ich persönlich gehe davon aus, dass wir die Fläche wahrscheinlich brauchen, sonst würden wir das Gesetz nicht beschließen.“ Dass Berlin bei der Unterbringung Geflüchteter auf zusätzliche Plätze in Großstandorten verzichten könne, sei vorerst „Wunschdenken“, sagte der Regierende.

Grünen-Politiker Omar kritisiert dieses Vorgehen. „Der Senat ist offensichtlich überfordert mit der Unterbringung von Geflüchteten in Berlin und setzt deshalb auf den Ausbau des Ukraine Ankunftszentrums in Tegel und Tempelhof“, sagte er dem Tagesspiegel.

Eine Anschlussunterbringung für die betroffenen 3000 Menschen fehle. „Das ist fatal, besonders angesichts der Tatsache, dass die landeseigenen Unterkünfte fast alle an ihre Kapazitätsgrenze gekommen sind und der Zuzug von geflüchteten Menschen nach Berlin weiter vorangeht.“

Keine Sorge müssten sich hingegen Sportler und Vereine um die Anlagen auf dem Tempelhofer Feld machen, auf deren Fläche bald Container stehen könnten. „Es wird für die Sportvereine, die dort aktiv sind, keinen Verlust von Sportanlagen geben“, versicherte Wegner.

Die Sportplätze sollten für Geflüchtete geöffnet werden, zugleich aber weiterhin von Vereinen genutzt werden können. Sollte doch eine Sportanlage durch das Aufstellen von Containern ganz wegfallen, werde man einen Ersatzstandort schaffen, sagte der Regierende.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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