© IMAGO/Nordphoto Mitgliederversammlung in kritischer Lager: Die Revolution bei Hertha BSC findet nicht statt
Bei Hertha BSC rumort es auf vielen Ebenen. Doch zum großen Knall kommt es bei der Mitgliederversammlung nicht. Über die Abwahl von Präsidium und Aufsichtsrat wird gar nicht erst abgestimmt.
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Als Dirk Lentfert, der Versammlungsleiter, den Tagespunkt eins der Mitgliederversammlung, „Eröffnung, Begrüßung und Festlegung der Tagessordnung“ schließt, macht sich in der riesigen Messehalle Erleichterung breit. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits fast eine Stunde vergangen, ohne dass etwas Essentielles passiert wäre. Von den knapp 1500 Mitgliedern von Hertha BSC gibt es Applaus für Lentferts Feststellung. Endlich geschafft.
Die Mitgliederversammlung des Berliner Fußball-Bundesligisten an diesem Sonntag in der Messe Berlin findet unter denkbar komplizierten Bedingungen statt. Sportlich und finanziell steht es nicht gut um Hertha, und auch im Verein selbst rumort es. Schon deshalb nimmt die Abhandlung der Formalitäten zu Beginn der Veranstaltung einen ungewohnt breiten Raum ein.
„Lasst uns ausreden! Lasst uns sachlich sein! Lasst uns die Themen bereden, die uns bewegen. Dann kriegen wir das hin“, sagt Kay Bernstein, seit knapp einem Jahr Präsident des Vereins, bei seiner Begrüßung. Die Messe sei für den gesamten Tag gemietet, „wir haben alle Zeit der Welt“.
Die Gefahr, dass es den Klub zerreißt, dass man sich gegenseitig zerfleischt, ist allerdings nicht so groß, wie man es vorab hätte vermuten können. Da zeigt sich recht schnell. Zwar liegen Abwahlanträge gegen das gesamte Präsidium vor sowie Klaus Brüggemann, den Vorsitzenden des Aufsichtsrats. Der Antragssteller zieht aber schon früh den Unmut des Auditoriums auf sich.
46.057Mitglieder hat Hertha BSC
Am Ende werden die Abwahlanträge gar nicht erst behandelt. Zuerst stimmt die eindeutige Mehrheit der Mitglieder für den Antrag, dass sich die Versammlung nicht mit dem Antrag befasst, über die Abwahl des Präsidiums abzustimmen. Den Antrag, Brüggemann abzuwählen, zieht der Antragsteller anschließend selbst zurück.
Präsident Bernstein kann bei allen bekannten Problemen auch einige positive Nachrichten verkünden. So gehören dem Verein aktuell 46.057 Mitglieder in an. Das ist ein deutlicher Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr (41.200). Allerdings liegt der Frauenanteil bei gerade mal 19 Prozent.
Bernstein klagt über die „finanzielle Erblast“
Auch finanziell sieht es für den Klub bekanntermaßen nicht gut aus. In dieser Woche wurde sogar das Gerücht bekannt, dass die Lizenz des Klubs für die Fußball-Bundesliga in Gefahr ist. Bernstein verkündet als Ziel, zur Saison 2025/26 einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren zu können. Bis dahin soll die, wie er es nennt, „finanzielle Erblast“ beseitigt sein.
Wie nie zuvor macht Herthas Präsident die Verantwortlichen der Vergangenheit für den derzeit schwierigen Zustand des Klubs verantwortlich. Namentlich nennt er den früheren Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller, der bis zum Herbst des vergangenen Jahres im Amt war. „In den vergangenen vier Jahren wurden 250 Millionen Euro verbrannt. Die sind weg“, sagt Bernstein.
Es sei „ein Irrsinn, der nie wieder passieren darf“, verkündet Herthas Präsident. Und einer, der nach seiner Aussage, den Einstieg des neuen Investors 777 Partners alternativlos gemacht habe. Das US-amerikanische Private-Equity-Unternehmen hat nicht nur die Anteile des bisherigen Investors Lars Windhorst übernommen; es stellt Hertha über eine Kapitalerhöhung weitere 100 Millionen Euro zur Verfügung.
„Diese Kapitalerhöhung ist elementar, damit wir die Sanierung und die Zukunft von Hertha BSC sichern“, sagt Bernstein, verkündet aber auch: „Wir werden uns nicht in eine Abhängigkeit von 777 Partners begeben.“
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de