© promo Influencerin Maren Schiller über die World Games: „Sport steht für mehr, als nur irgendwie Bauchmuskeln in die Kamera zu halten“
Die Läuferin über inklusiven Content, die Angst etwas Falsches zu sagen und die eigenen Hemmschwellen im Umgang mit Menschen mit Beeinträchtigungen.
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Frau Schiller, wie sind Sie zu Ihrem Moderationsjob bei den Weltspielen von Special Olympics gekommen?
Ich durfte letztes Jahr bei den European Championships in München moderieren und dabei hat mich ein Ansprechpartner, der auch für die Special Olympics arbeitet, gefragt, ob ich bei den Weltspielen nicht auch moderieren möchte. Ich fand das total spannend und schön – gerade auch, weil das in der Hauptstadt im Sommer ein sehr, sehr schönes Happening ist.
Hatten Sie so auch Ihre ersten Berührungspunkte mit Special Olympics?
Genau, so habe ich tatsächlich das erste Mal von den Special Olympics World Games in Berlin gehört und gelernt, was das eigentlich ist und welche Wettkämpfe es gibt. Aber mein soziales und teilweise berufliches Umfeld und ich hatten dann ganz viele Fragezeichen im Kopf: Was fällt jetzt alles unter die Special Olympics? Was ist der Unterschied zu den Paralympics? Wie werden die Spiele ausgetragen? Was sind die Regeln und welche Sportarten gibt es überhaupt? Das wusste ich damals alles noch nicht.
Wie haben Sie dann mehr darüber erfahren?
Ganz klassisch über Instagram! Ich habe mir den Instagram-Kanal von Special Olympics angeschaut und gemerkt: Krass, das ist ja wirklich sehr, sehr groß! Dass die ganze Stadt in ihrer Fläche genutzt wird, finde ich super. Und dann habe ich mir genauer angeschaut, welche Sportarten dabei sind. Zum Beispiel auch Bowling, was im klassischen Sinne ja gar nicht olympisch ist. Aber dass hier die einzelnen Sportartarten Aufmerksamkeit und Fläche bekommen und dann natürlich auch die Athlet*innen mit Lernbeeinträchtigungen, das ist stark.
Sie haben schon im Vorfeld der Weltspiele darüber auf Ihren Social-Media-Kanälen berichtet und immer wieder auf das Event verwiesen. Wie hat Ihre Community auf den Content reagiert?
Super, super positiv. Das hatte ich bei meiner Community aber auch nicht groß anders erwartet. Bei Eurosport oder Sky habe ich aber zum Beispiel teilweise unterirdische Kommentare zu den Spielen gesehen. Das gab es bei mir aber überhaupt nicht. Die Leute meinten eher, dass das super sei und viel, viel mehr Aufmerksamkeit verdiene. Manche fragten auch, wie man sich selbst, beispielsweise als Volunteer, engagieren kann. Zu sehen, dass da dieses proaktive Handlungsinteresse war, ist ein total schönes Feedback.
Abseits von den dann guten Reaktionen: Was treibt Sie noch an, inklusive Sportveranstaltungen zu thematisieren?
Auf meinem Account sieht man viele sehr performative Sachen: Challenges, Marathons, Ultramarathons und Trailrunning. Sachen, die auf Social Media sehr gut funktionieren und Aufmerksamkeit bekommen, auch ich selbst als „klassisches blondes Fitnessmodel“. Aber ich habe einen Hintergrund als Leistungssportlerin in der Leichtathletik und stehe schon länger dafür ein, dass vor allem auch Randsportarten viel mehr Aufmerksamkeit bekommen sollten. Und natürlich auch Sport für Menschen mit Lernbeeinträchtigungen.
Es ist super schade, dass sich Leute für solche Veranstaltungen dann nicht unbedingt einfach ein Ticket holen. Aber Sport steht doch für so viel mehr und transportiert so viel mehr, als nur irgendwie Bauchmuskeln in die Kamera zu halten. Deshalb möchte ich dafür stehen und das auf meinen Kanälen auch so gut es geht unterstützen.
Dabei ist Social Media ja auch nicht immer das inklusivste Medium.
Absolut. Ich habe schon immer einfach aus Stilgründen, weil ich das persönlich schöner finde, meine Stories untertitelt. Und dadurch hatte ich dann auch mit Inklusion meine ersten Berührungspunkte auf Social Media. Denn dann habe ich Feedback von gehörlosen Menschen bekommen, dass sie endlich mal Sportstories von jemandem verfolgen können, weil sonst einfach niemand Untertitel schreibt. Und da wurde mir bewusst, wie viele Menschen allein die Untertitel mit einschließen können und wie sinnvoll das ist.
Ich habe dann auch gelernt, wie man Content auch durch Bildunterschriften oder -beschreibungen zum Beispiel noch inklusiver machen kann. Und dadurch habe ich dann auch den Antrieb gefunden, alle Menschen mitnehmen zu können und Content zu produzieren, der so gut es geht für alle da ist.
Wie präsent empfinden Sie denn das Thema Inklusion in den sozialen Netzwerken?
Ich habe das Gefühl, dass da nach und nach mehr kommt. Es gibt auch tolle Aktivist*innen, die wirklich Aufmerksamkeit dafür schaffen. Aber trotzdem ist das immer noch ein Thema, was die ganze Zeit so nebenher schwimmt. Man weiß immer, dass das wichtig ist, aber niemand macht etwas. Und gerade im Sport habe ich das Gefühl, dass Inklusion nur sehr nebensächlich läuft. Und das finde ich unglaublich schade. Wir sollten da mehr an einem Strang ziehen und versuchen, Inhalte und dadurch auch die Sportarten, zugänglicher zu machen.
Wovor hatten Sie beim Berichten und bei Ihrer Arbeit hier bei den Weltspielen Respekt?
Ich habe hier gemerkt, dass ich unsicher war, wie ich ein Interview führen soll, ob ich etwas Falsches sage oder die Fragen nicht passend sind.
Wie sind Sie solche Situationen dann angegangen?
Ich finde es immer schön, dann einfach direkt in den Austausch zu gehen. Und dann habe ich gefragt, wie wir das cool machen können und welche Fragen in Ordnung gehen. Und letztendlich funktioniert es dann immer viel einfacher, als man denkt. Es gibt immer einen Weg, der meistens ganz individuell ist, aber wenn man zusammenarbeitet, dann geht das total.
Was hat Sie hier begeistert bei den Special Olympics World Games?
Definitiv die Eröffnungsfeier. Ich durfte mit der Delegation vom Oman einlaufen und das war so bewegend zu sehen, wie sich alle unterstützt haben, die Nationen sich gefreut haben und alle Hand in Hand zusammen eingelaufen sind. Die Energie in dem Stadion war wirklich eine ganz andere und das Berlin, meine Lieblingsstadt, dafür bereit ist, so viel Fläche zu teilen, das hat mich so gefreut.
Auch am Alexanderplatz kann man an dem Festival eigentlich nicht daran vorbeigehen. Das generiert so eine Aufmerksamkeit, die die Spiele auch wirklich verdienen. Und ich hoffe, dass das zum Nachdenken anregt und die Leute sich Tickets holen und sich das angucken, auch wenn sie vielleicht noch gar keine Ahnung davon haben.
Sie haben gerade die Stadt Berlin angesprochen – ist Ihnen hier vor den Spielen gelungene Inklusion aufgefallen?
Ich habe schon viele Momente gesehen, wo jemandem mit einer körperlichen Behinderung geholfen wurde. Zum Beispiel bei den Treppen an den U-Bahnhöfen. Aber im Hinblick auf Menschen mit Lernbeeinträchtigungen, habe ich gerade kein Beispiel im Kopf, ich bin da auch zu wenig zu dem Thema im direkten Austausch. Aber das zeigt doch eigentlich ja auch, dass Inklusion da in dem Bereich eben noch nicht so gut funktioniert, wenn ich da kein gutes Beispiel nennen kann.
Wie hat sich Ihr Blick auf das Thema Inklusion, auch durch Special Olympics, verändert?
Der hat sich auf jeden Fall positiv verändert. Allein durch das In-die-U-Bahn-helfen oder durch Gespräche mit Menschen mit Lernbeeinträchtigungen, baut man Hemmschwellen ab. Die hat man schließlich oft und die sind oft auch eine Art versteckte Höflichkeit, man möchte ja nichts falsch machen. Aber gerade dadurch, dass man nichts macht, macht man ja etwas falsch. Da fehlt der Austausch. Ich versuche also, diese Handlungsbarriere gering zu halten.
Die Spiele sind nach dem Wochenende vorbei, das Thema bleibt aber natürlich aktuell und relevant. Wie möchten Sie Inklusion weiter auf Social Media behandeln?
Zum Beispiel durch Anwesenheit bei anderen Events, abseits der Weltspiele. Aber vielleicht auch durch Kooperationspartner*innen im Sportbereich. Dadurch könnte man zum Beispiel bei einer Veranstaltung wie dem Berliner Halbmarathon den Inklusionsgedanken weiterspielen und mehr Leute mit Lernbeeinträchtigungen mitlaufen lassen und so ein noch cooleres Happening kreieren. Ich möchte da mehr mit den Marken im Austausch stehen. Und ich finde es auch schön, dass Sender immer mehr übertragen, und man merkt, dass da noch mehr Leute sind, die zuhören und zuschauen, die Sport machen und die es vor allem gilt, anzufeuern.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de