Gewässer in Berlin und Brandenburg sollen zugänglich bleiben: Die Ufer denen, die dran wohnen?

© Mike Wolff Gewässer in Berlin und Brandenburg sollen zugänglich bleiben: Die Ufer denen, die dran wohnen?

“Das Wasser und die Ufer gehören Berlin.” Das Abgeordnetenhaus will Seen und Spreeufer freihalten. Gleichzeitig setzt sich Innensenator Geisel bei Verkehrsminister Andreas Scheuer für ein Ankerverbot ein. 

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Das Abgeordnetenhaus (AGH) von Berlin hat den Antrag “Das Wasser und die Ufer gehören Berlin” (per Konsensliste) verabschiedet. Der Senat wird darin aufgefordert, Leitlinien zu entwickeln, wie die Ufer der Berliner Gewässer für die Allgemeinheit und die Stadtnatur geöffnet und freigehalten werden können. Der Antrag wurde von Katalin Gennburg, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, initiiert.

„Die Uferkonzeption in Berlin benötigt dringend ein Update, das die ganze Stadt umfasst und einheitliche Regeln für alle Bezirke vorschreibt, um die Ufer für das Allgemeinwohl zu sichern”, sagt Gennburg. „Wir werden künftig Uferwege und breite Uferstreifen baurechtlich sichern, durch Bebauungspläne, Wegerechte, eine Bauverbotszone von zehn Metern an den Ufern und alle weiteren Möglichkeiten des Baugesetzbuches.“

Doch so leicht, wie sich das anhört, ist es nicht überall. Am Beispiel der Rummelsburger Bucht in Lichtenberg zeigt sich, dass das Ufer hart umkämpft ist von verschiedensten Interessen. Sowohl Bootsbewohner:innen auf dem See sowie Anwohnende beanspruchen das Ufer und die Anlegeplätze für sich – und dann kommen auch noch Investor:innen, die direkt am Wasser bauen wollen. 

Der Bezirk Lichtenberg hat nun, parallel zum Beschluss im AGH, beschlossen, die Eigentümer:innen entlang der Spree in die Entwicklung des Seeufers mit einzubeziehen. Der Antrag „Spreeufer in Lichtenberg und Treptow-Köpenick gezielt entwickeln“ der CDU-Fraktion wurde einstimmig angenommen. 

Gemeinsam mit dem Nachbarbezirk soll ein Rahmenplan zur Entwicklung des Ufers bis zur Rummelsburger Bucht erarbeitet werden. Dabei sollen die Grundstückseigentümer:innen hinsichtlich ihrer Entwicklungsabsichten einbezogen und ein Spreewanderweg für die Öffentlichkeit avisiert werden. Die Reduzierung von Gewerbeflächen soll dabei ausgeschlossen werden.

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Dies ist jedoch nicht der einzige Antrag in Lichtenberg zu dem Thema. Während sich Katalin Gennburg für „Ufer für Alle“ einsetzt, will ihre Partei in Lichtenberg den Zugang zum Rummelsburger See beschränken. „Das Bezirksamt wird ersucht, den 22-Stunden-Anleger an der Rummelsburger Bucht in einen Zugang für Wasserfreizeitsportler*innen und Besucher*innen umzuwidmen“, heißt es in einem Antrag der Linksfraktion, der von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) beschlossen wurde.

Der Antrag richtet sich gegen die Hausboote auf dem See. Für diese ist der Anleger ein wichtiger Ein- und Aussteigepunkt, der Ort ein angenehmer Treffpunkt für Leute, die gerne am Wasser sitzen. An Wochenenden ist dort viel los. Es gibt zwar eine Ökotoilette vor Ort und einen Container, trotzdem entsteht oft viel Müll.

Linke, SPD und CDU wollen Bucht-Anleger schließen

Die Linke will den Anleger schließen. Da sei man sich mit Innensenator Andreas Geisel (SPD) und CDU-Stadtrat Martin Schaefer einig, steht in dem Antrag, “da die Situation im Sinne der Umwelt, Ordnung, Sauberkeit und Lärmschutz anders nicht zu lösen sei.” Demnach soll künftig nur das Ein- und Austeigen, nicht jedoch das Anlegen von Booten, möglich sein.

An einem Runden Tisch wurde über das Thema debattiert. An der Videokonferenz, veranstaltet vom „Kiezforum Wir e.V.“ und offiziell einberufen durch das Bezirksamt, nahmen neben Geisel und Schaefer weitere Politker:innen teil. Nicht eingeladen waren Vertreter:innen der Hausbootfraktion, beispielsweise „Spree:publik“. Dabei war es eigentlich Konsens gewesen, alle Beteiligten vom See mit in ein Boot zu nehmen. Hinterzimmerpolitik und nicht runde Tische hatte es bereits 2019 gegeben.

"Spree:pubik" fordert einen Kulturhafen für die Rummelsburger Bucht

Zum aktuellen Antrag der Linken kommentiert Claudius Schulze von „Spree:publik“: „Ein freier Zugang zum Wasser für alle Berliner*innen ist das Ziel, mit dem wir uns gegründet haben.“ Daher finde man einen Antrag wie den von Katalin Gennburg natürlich dufte. Aber die Sektkorken wolle man noch nicht knallen lassen, wenn es gleichzeitig diese Bestrebungen gibt, freie Anleger, wie den am Rummelsburger See, nur noch für das private Freizeitvergnügen der unmittelbaren Nachbarschaft zu beschränken.

„Die derzeitigen Missstände am Anleger sind nicht hinnehmbar“, so Schulze. „Doch helfen weder Populismus noch Not-in-my-backyard-Rufe. Es braucht stattdessen konstruktive Ansätze. Wir bringen uns gerne ein, so dies gewünscht ist. Mit einem Kulturhafen verfolgen wir genau das Ziel: klare Regeln, langfristige Möglichkeiten und en Ort des Austausches für alle Berliner*innen.“

Theater, Kino, Workshops und vieles mehr auf Hausbooten

Was ist ein „Kulturhafen“? Die Initiative möchte mehr Kunst auf das Wasser bringen. Theater, Kino, Workshops und vieles mehr auf Hausbooten – am liebsten auf dem Rummelsburger See. Dort gibt es bereits das Bühnenfloß „Panther Ray“ und die „Wackelberry“, auf der Filme gezeigt werden. Oder die „Nuria“, noch eine schwimmende Kulturplattform.

Die Senatsinnenverwaltung würde am liebsten ein Ankerverbot auf dem Rummelsburger See durchbringen. Doch der See ist ein Bundeswasserstraße. Bezirke und Stadt können lediglich Anlegeverbote verhängen, am Ufer also. Der Bund war bisher immer gegen ein Ankerverbot auf dem See und gewann diesbezüglich sogar einen Rechtsstreit gegen die Berliner Senatsverwaltung. Die aber will nicht aufgeben. 

Innensenator Geisel schreibt an Verkehrsminister Scheuer

Wie nun bekannt wurde, setzte sich Innensenator Andreas Geisel (SPD) bei Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für ein generelles „Stillliegeverbot für unbemannte Kleinfahrzeuge“ ein. Zwei Absätze der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO) sollten geändert werden – und zwar zum Nachteil der Freizeitschifffahrt. 

Bisher ist es erlaubt, 24 Stunden lang den Anker zu werfen. Man kann mit seinem Boot also überall mal eine Nacht ankern und von Bord gehen. Das sollte sich ändern und für den gesamten Großraumbereich Berlin/ Brandenburg verboten werden.

© Mike Wolff

Das Bundesverkehrsministerium bestätigt gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, dass Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern über eine Neufassung der BinSchStrO laufen. Man sehe die Gefahr, dass aufgrund der Regelungen Boote dauerhaft und somit illegal abgestellt würden. 

Ohnehin sei die Möglichkeit, mit seinem Schiff für 24 Stunden außerhalb fester Plätze anzulegen, nur als Ausnahmeregelung gedacht gewesen, es gebe also „dringenden Diskussionsbedarf“, sagt ein Ministeriumssprecher der SZ. Auf eine endgültige Regelung aber habe man sich bislang noch nicht geeinigt. Vielmehr sei eine mögliche Neuregelung der 24-Stunden-Regel „aufgrund offener Fragen zunächst zurückgestellt“.

Der Bootsverband „Spree:publik“, mit dem Motto „Wasser ist für Alle da“, meldet nun, dass ein Stilllegeverbot für Berlin und Brandenburg nicht kommen werde. „Wir konnten Senatorin Regine Günther (Grüne) davon überzeugen, sich mit einem Brief bei Scheuer für uns, die Kunst- und Kulturflöße und die Freizeitschiffer*innen, einzusetzen – mit Erfolg“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Eine Aufhebung des 24-Stunden-Gesetzes wird vom Bundesministerium für Verkehr nicht weiter verfolgt, bestätigte dieses auch auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Claudia Müller (Grüne).

Eigentumswohnungen mit Wasserblick

„Wir freuen uns, dass der Versuch des Hinterzimmerschulterschlusses zwischen Wasserschutzpolizei, Wasserstraßenverwaltung, Senator Geisel und Minister Scheuer gescheitert ist“, sagt Claudius Schulze, Sprecher der Spree:publik. „Anstelle ständig neuer Verbotsparagraphen, setzen wir uns für Maßnahmen ein, die tatsächlich mit Augenmaß und Sachverstand auf eine Verbesserung der Situation auf den Berliner Gewässern abzielen.“

Das Ufer an der Rummelsburger Bucht gehört noch allen Berliner:innen, die Interesse daran haben, dort zu flanieren. Die ehemaligen Freiflächen werden zügig bebaut. „My Bay“ heißt das Projekt von Investa Real Estate und der Groth Gruppe: „60 komfortable Eigentumswohnungen mit zwei bis vier Zimmern“ entstehen laut Homepage. 

Das ist dort, wo einst eine Wagengruppe die Brache besetzte. Jetzt stehen dort neue Gebäude – die Loggien, Terrassen und Balkone mit Wasserblick sind bereits zu erahnen. Der Kaufpreis fängt bei 300.000 Euro an. Der Investor hatte das Areal 2016 für mehr als 3,6 Millionen Euro von der Stadt gekauft.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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