Fußball ist nicht alles: Es gibt keine Krise des deutschen Sports

© AFP/DANIEL RAMALHO Fußball ist nicht alles: Es gibt keine Krise des deutschen Sports

Auch wenn es im Fußball und in der Leichtathletik nicht läuft, schreibt der deutsche Sport einige Erfolgsgeschichten. Ein Plädoyer für mehr Optimismus.

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Es ist in der jüngeren Vergangenheit zu einem beliebten Zeitvertrieb geworden, den deutschen Sport in seiner Gänze von einer Krise in die nächste zu diskutieren. Die Leichtathlet:innen haben bei der Weltmeisterschaft im August das Kunststück vollbracht, trotz der Fülle von 49 Wettbewerben ohne Medaille nach Hause zu fahren. Beim schwer lädierten König Fußball scheiterten Frauen und Männer jeweils sang- und klanglos in der WM-Vorrunde.

Diese Misserfolge fügen sich natürlich perfekt in den gesamtgesellschaftlichen Diskurs über die angeblich nachlassende Leistungsbereitschaft der jüngeren Generationen ein. Doch sie bilden nur die eine Seite der Medaille ab. Oder um es mit Rudi Völler zu sagen: „Die Sache mit dem Tiefpunkt und nochmal ein Tiefpunkt und noch ein niedrigerer Tiefpunkt. Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören.“

Denn von einer Krise des gesamten deutschen Sports kann nicht die Rede sein. Lukas Dauser holt am Barren Gold bei der Turn-WM, die Volleyball-Nationalmannschaft qualifiziert sich nach Siegen gegen Weltmeister Italien und den Weltranglistenersten Brasilien für die Olympischen Spiele. Das ist nur die Erfolgsbilanz vom vergangenen Wochenende.

Julian Graeber spielt schon fast sein ganzes Leben Fußball, ist aber schon lange genervt von der sportlichen Monokultur in Deutschland.

Zuvor haben in diesem Jahr schon die Basketballer und die Hockey-Männer mit WM-Gold für Furore gesorgt. Die Eishockey-Nationalmannschaft der Männer holte immerhin Silber, Amanal Petros pulverisierte den deutschen Rekord im Marathon und beim Ironman auf Hawaii sind die deutschen Athlet:innen seit Jahren immer vorne dabei.

Das bedeutet ausdrücklich nicht, dass der deutsche Sport keine Schwierigkeiten hätte. Gerade strukturell gibt es deutliche Defizite, das System ist oft zu bürokratisch. Auch die Infrastruktur hinkt dem Bedarf vielerorts hinterher und die Schulen kämpfen mit derart vielen Probleme, dass sie ihre Funktion als niedrigschwelliger Einstieg in den Sport leider nur selten erfüllen können.

Umso wichtiger ist es, nicht immer nur auf die Misserfolge zu schauen. Kinder lassen sich von erfolgreichen Teams wie den Basketball-Weltmeistern oder den Volleyballern eher begeistern als vom nächsten Tiefpunkt. Und ganz unabhängig von Sieg oder Niederlage: Es muss ja nicht immer Fußball sein.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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