© dpa/Annette Riedl Bis zu 60 Prozent weniger Geld: Berliner Senat will Mittel für Radwegebau massiv kürzen
Die Finanzverwaltung will die Haushaltsmittel für den Bau neuer Radwege deutlich reduzieren. Planer befürchten Folgen für laufende Projekte. Doch auch die Verkehrsverwaltung sieht Sparpotenzial.
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Der Berliner Senat erwägt offenbar, die Mittel für den Radwegeausbau in der Hauptstadt deutlich zu kürzen. Darauf deuten Pläne der Senatsfinanzverwaltung für den Doppelhaushalt 2024/25 hin, die dem Tagesspiegel vorliegen. Demnach könnten die Investitionen in die Radwege je nach Art der Projekte und Jahr zwischen 40 und 60 Prozent gekappt werden. Zunächst hatte darüber der „RBB“ berichtet.
In der kommenden Woche will der Senat seinen Haushaltsentwurf für die Jahre 2024 und 2025 vorlegen. Derzeit laufen dazu die Gespräche zwischen der dem Haus von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) und den anderen Senatsverwaltungen.
Angesichts der schwierigen Finanzlage und den zusätzlichen Vorhaben der neuen schwarz-roten Koalition könnte dabei bei einigen bisherigen Planungen der Rotstift angesetzt werden. So offenbar auch bei den zuletzt üppig angesetzten Mitteln für den Radwegebau.
Mittel für den Radwegebau könnten deutlich reduziert werden
Für kleinere Maßnahmen oder Sanierungen bestehender Radwege etwa veranschlagt die Finanzverwaltung im kommenden Jahr nur noch neun statt der von der Verkehrsverwaltung angemeldeten 15 Millionen Euro. 2025 sollen dann statt 22 Millionen Euro ebenfalls nur neun Millionen Euro zur Verfügung stehen.
Allerdings wären laut der Antwort der Fachleute aus der Verkehrsverwaltung allein 9,5 beziehungsweise zehn Millionen Euro „zwingend erforderlich“, um nur die bereits bewilligten Maßnahmen fortführen zu können. Das geht aus den Dokumenten hervor.
Ähnlich sieht es bei den größeren Baumaßnahmen von Radwegen aus. Auch dort fallen die geplanten Einschnitte deutlich aus. Hier will die Finanzverwaltung die Gelder 2024 von zwölf auf nur noch 6,5 Millionen Euro reduzieren. Im Jahr 2025 sind statt 16 Millionen Euro in den Kalkulationen der Finanzverwaltung lediglich sieben Millionen Euro vorgesehen. Schon für die laufenden Projekte wären jedoch auch hier in den kommenden Jahren elf und zehn Millionen Euro nötig, schreiben die Fachleute.
Koalitionspolitiker sehen Mittel für den Radwegebau „stark aufgebläht“
Während der Haushaltsverhandlungen ist es nicht ungewöhnlich, dass die Forderungen der einzelnen Häuser und das, was die Finanzverwaltung ihnen zugestehen will, teils deutlich auseinander gehen. Die Fachverwaltungen versuchen, möglichst viele Mittel für ihre eigenen Ressorts zu sichern. Die Finanzer argumentieren hingegen, dass diese häufig gar nicht ausgegeben werden.
Die Grünen hätten den Ressorthaushalt der von ihnen verantworteten Verkehrsverwaltung in den vergangenen Jahren „stark aufgebläht“, ohne die Mittel auch zu nutzen, heißt aus der schwarz-roten Koalition. Dass angesichts der angespannten Haushaltslage nun auch dort nach Möglichkeiten gesucht werde, Gelder einzusparen, sei „ein ganz normaler Vorgang“, heißt es.
Für 2024 und 2025 sind für Radwege deutlich mehr Mittel eingestellt, als 2022 ausgegeben wurden.
Johannes Kraft, CDU-Verkehrspolitiker
„Für 2024 und 2025 sind für Radwege deutlich mehr Mittel eingestellt, als 2022 ausgegeben wurden“, sagte Johannes Kraft, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Faktisch gäbe es deshalb keine Kürzungen. Kraft verwies zudem auf das geplante Sondervermögen für den Klimaschutz. „Auch dort werden wahrscheinlich im größeren Umfang Mittel eingeplant für die Verkehrswende. Ich bin daher guter Hoffnung, dass uns das, was wir versprochen haben, nämlich mehr Radwege zu bauen, auch gelingt.“
Im vergangenen Jahr etwa wurden in Berlin statt der geplanten 40 nur 26,5 Kilometer neue Radwege gebaut. Entsprechend wurde auch deutlich weniger Geld ausgegeben. Allerdings bestand 2022 wegen der vorläufigen Haushaltswirtschaft im Zuge der Regierungsbildung bis Mitte des Jahres de facto eine Haushaltssperre.
Auch die Verkehrsverwaltung sieht Sparpotenzial bei neuen Radwegen
Planungen und Bauarbeiten für neue Radwege konnten solange nicht an Firmen vergeben werden. Zudem betonen die Fachleute aus der Verkehrsverwaltung, dass es mittlerweile mehr Planer in den Bezirken gebe, die zusätzliche Radwege planen könnten.
Wenn wir schneller und mehr bauen wollen, sollten wir jetzt nicht anfangen, Finanzmittel zu streichen. Das funktioniert einfach nicht
Tino Schopf, SPD-Verkehrspolitiker
Allerdings sieht offenbar auch die Fachabteilung in der Verkehrsverwaltung Möglichkeiten, die Mittel zu kürzen. Für Sanierung und Umsetzung einfacher Maßnahmen empfiehlt das Haus von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU), statt der ursprünglich vorgesehenen 15 und 22 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren stattdessen nur 12 und 15 Millionen Euro zu veranschlagen.
Die möglichen Kürzungen der Radwegmittel fallen mitten in die seit Wochen andauernde Diskussion um die Zukunft des Radwegeausbaus in Berlin. Ausgelöst wurde dies durch die Ankündigung von Verkehrssenatorin Schreiner, die bestehenden Radwegprojekte temporär zu pausieren und gegebenenfalls zu überarbeiten und auch aufgrund der Haushaltslage zu priorisieren.
Dies deutete bereits darauf hin, dass auch die Verkehrssenatorin in den kommenden Jahren mit weniger Geld für den Ausbau der Radwege geplant haben könnte. Auf Anfrage wollte sich die Verkehrsverwaltung nicht zu den Plänen äußern. „Der Senat wird den Entwurf des Doppelhaushalts 2024/25 erst in der nächsten Woche beschließen. Vorab können wir keine Fragen zu Ansätzen beantworten“, teilte eine Sprecherin mit.
Tino Schopf. verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sieht die Planungen kritisch: „Wenn wir schneller und mehr bauen wollen, sollten wir jetzt nicht anfangen, Finanzmittel zu streichen. Das funktioniert einfach nicht“, sagte er.
Grüne-Fraktionschef Werner Graf kritisierte die Pläne scharf. „Mit schönredenden Worten mag Frau Schreiner noch Politik mit dem Auto machen wollen, in ihren Taten zeigt sich, dass sie einseitig Politik für das Auto macht.“ Graf forderte die SPD auf, die „Kürzungsorgie“ zu stoppen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de