© imago/CHROMORANGE Update Bestechlichkeit bei Berliner Kfz-Zulassungsstelle: „Ich war mir nicht bewusst, welche Auswirkungen meine Taten haben“
Einen „Expresszuschlag“ nahm der Mitarbeiter einer Zulassungsstelle für Fahrzeuge in die eigene Tasche. Nun muss er zwei Jahre und sieben Monate ins Gefängnis.
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Während die Wartezeiten für Auto-Anmeldungen mehrere Wochen betrugen, lief es an einem Platz in der Behörde wie geschmiert: Ein Mitarbeiter einer Kfz-Zulassungsstelle hatte aus der misslichen Terminsituation monatelang Profit geschlagen. Laut Anklage hielt Özkan G. in 247 Fällen die Hand auf und nahm Bestechungsgeld an.
Gemeinsam mit dem Inhaber eines Zulassungsdienstes musste sich der 30-Jährige am Dienstag vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten. Beim Urteil schluckte er: Zwei Jahre und sieben Monate Haft wegen Bestechlichkeit ergingen gegen den 30-Jährigen.
Er sei mit erhebliche krimineller Energie vorgegangen und habe großen Aufwand betrieben, damit sein illegales Vorgehen nicht auffällt, stand für die Richter fest. Die Idee allerdings sei nicht von G. gekommen, sie habe bereits bestanden. G. habe wegen der damaligen Situation eine Gelegenheit gesehen und diese wahrgenommen. Als Wertersatz seien 23.440 Euro einzuziehen.
Einer von jenen, die dem damaligen Mitarbeiter der Kfz-Zulassungsstelle in Kreuzberg immer wieder Geld zugesteckt hatten, ist der mitangeklagte Mehmet I., Inhaber eines Zulassungsdienstes. Wegen Bestechung in 51 Fällen wurde der 40-Jährige nun zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
In der Zeit von Mai 2017 bis August 2018 lief es gut bei G. Auf einen Termin für die An- und Abmeldung von Fahrzeugen mussten Berliner damals vier bis sechs Wochen warten, sagte ein Ermittler als Zeuge. In der Konstellation von G. und I. sowie G. und vier oder fünf anderen Inhabern oder Mitarbeitern von Kfz-Zulassungsdiensten sei „Expresszuschlag“ schließlich das Schlagwort gewesen.
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G. war Angestellter des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin – Referat Kraftfahrzeugzulassung. Insbesondere Neuzulassungen seien in seinen Bereich gefallen, so die Anklage. Gegen Geld – in den meisten Fällen jeweils 100 Euro – habe er Zulassungsverfahren unerlaubt beschleunigt.
2640 Bargeld in der Wohnung gefunden
Bis die Polizei im August 2018 eine große Razzia in Teilen der Zulassungsstelle sowie mehreren Zulassungsdiensten durchführte. Damals wurden 19 Objekte im gesamten Stadtgebiet durchsucht. Bei G. wurde viel Bargeld gefunden – es seien 2640 Euro gewesen, sagte ein Ermittler. Man habe in der Wohnung von G. auch Stempel aus der Behörde gefunden.
Fünf Tage hatte das Gericht für den Prozess terminiert. Doch G. überraschte mit einem Geständnis und bat um Entschuldigung. Er sei damals ein junger Vater gewesen, der die Familie gut versorgen wollte. Das Geld aber habe nicht gereicht. Da habe er sich „zu etwas verleiten lassen“. „Ich war mir nicht bewusst, welche Auswirkungen meine Taten haben.“
Er habe seinen Job verloren, seine erste Ehe sei in die Brüche gegangen. Doch er habe sich zurückgekämpft ins Berufsleben, zahle Unterhalt für seine Kinder und versuche, „ein gutes Vorbild zu sein“.
Mehmet I. hatte bereits im Ermittlungsverfahren gestanden. Sein Anwalt sagte, Kunden seien wegen der Wartezeiten verärgert gewesen. Darum habe er fürs Abkürzen gezahlt. Ihm sei dabei klar gewesen, dass Regeln verletzt wurden. Der Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre und zehn Monate Haft gegen G. und gegen I. zwei Jahre Haft auf Bewährung verlangt. Die Verteidiger plädierten auf deutlich mildere Strafen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de