Zum Brückentag am Montag: Wo durch marode Querungen demnächst ein Verkehrschaos in Berlin droht
© Jörn Hasselmann Zum Brückentag am Montag: Wo durch marode Querungen demnächst ein Verkehrschaos in Berlin droht
Der Sanierungsbedarf von Brücken in Berlin ist groß, die Zuständigkeiten oft kompliziert. Eine Übersicht über aktuelle Vorhaben, deren Ende meist nicht in Sicht ist.
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Berlin ist die Stadt der Brücken. Für 835 von ihnen fühlt sich das Land Berlin zuständig, für Autobahnbrücken ist es der Bund, viele gehören der Bahn. Eines eint sie: Der Sanierungsbedarf ist immens, viele mussten bereits wegen Einsturzgefahr gesperrt werden. Sieben Projekte im Überblick:
Rudolf-Wissell-Brücke
Die Rudolf-Wissell-Brücke ist Berliner Spitze, in jeder Hinsicht. Nirgendwo fahren mehr Autos, keine ist länger, keine ist komplizierter, keine wird so oft falsch geschrieben. Und sie muss weg, denn die Brücke ist baufällig. Täglich fahren 180.000 Autos über diesen Teil der A100 – darunter viele Lastwagen. Das Spannbeton-Bauwerk hat laut Autobahngesellschaft Deges „einen kritischen Zustand erreicht und muss zeitnah durch einen Neubau ersetzt werden“. Laut Deges wird „frühestens 2024“ begonnen.
Viele Jahre haben Planer und Ingenieure überlegt, wie die 930 Meter lange Brücke über Spree, Gleise und Gärten in Charlottenburg ersetzt werden kann, ohne dass der Verkehr in der halben Stadt zusammenbricht. Das Problem ist, dass die Konstruktion nur im Ganzen abgerissen werden kann. Die Lösung: Zuerst kommt eine neue Brücke östlich der derzeitigen. Diese wird 17,50 Meter breit und soll in der anschließenden zweiten Phase den Verkehr in beiden Richtungen aufnehmen – es wird also über Jahre eng.
Danach wird in einem Abstand von 60 Metern anstelle des bisherigen Tragwerks die zweite Brücke gebaut. Fertigstellung: erst im nächsten Jahrzehnt. Zum Glück hat die Brücke den Autofahrern bislang den Gefallen getan, nicht zu kollabieren: Alle Bauwerke werden regelmäßig geprüft. Schulnoten bis 3,9 sind in Ordnung, bei 4,0 ist Schluss. Dann wird sofort gesperrt.
Bitterfelder Brücke
So wie die Bitterfelder Brücke in Marzahn. Im März überraschte die Verkehrsverwaltung mit der Meldung, dass die Brücke über die Gleise und die Märkische Allee „aufgrund von Bauwerksschäden einseitig gesperrt“ wird, und zwar ab sofort. Bemerkenswert ist, dass diese Brückenhälfte erst 2004 eröffnet wurde, die andere Hälfte stammt aus DDR-Zeiten. Im Juli gelang es, eine Spur Richtung Westen auf die alte Hälfte zu verlegen. Ob die erst 19 Jahre alte Brücke abgerissen werden muss oder saniert werden kann, ist noch nicht geklärt.
© IMAGO/Jürgen Held
Elsenbrücke
Klarer ist die Situation an der Elsenbrücke. Eine Sprecherin versicherte, dass die „Gesamtbaumaßnahme im Zeitplan liegt“. Fertigstellung soll 2028 sein, das ist nur zehn Jahre nach dem Knall – der Sperrung wegen Einsturzgefahr im Sommer 2018. Einen Knall muss es tatsächlich gegeben haben, auch wenn ihn niemand hörte: Im Inneren des Betons rissen Stahlseile, ein „Spannstahlbruch in der Hohlkastenkonstruktion“. Damit ein Knall in der zweiten Hälfte gehört wird, wurden Mikrofone installiert, die mit einem Computer verbunden sind.
Zum Glück gab es hier zwei getrennte Bauwerke für beide Richtungen, sodass der Verkehr von der gesperrten Hälfte verlegt werden konnte. Dennoch ist die Elsenbrücke aus dem Verkehrsfunk im Radio nicht wegzudenken. Da beide Teile baugleich sind, war entschieden worden, auch die zweite Seite abzureißen.
Ende 2021 wurde die Behelfsbrücke fertig, und zwar gebaut aus vorgefertigten Teilen, wie aus einem Metallbaukasten für Kinder. Regelmäßig muss die Behelfsbrücke stundenweise gesperrt werden, um die 20.000 Schraubverbindungen zu kontrollieren und bei Bedarf nachzuziehen. Dies sind die nächsten Etappen: Die erste neue Hälfte soll 2025 fertig sein, anschließend wird bis 2026 die Behelfsbrücke wieder abgebaut (die Teile können wiederverwendet werden). An dieser Stelle wird dann die „Neue Brücke Ost“ gebaut, die 2028 fertig sein soll.
Salvador-Allende-Brücke
Deutlich schneller ging es in Köpenick. Die Salvador-Allende-Brücke ist seit fast einem Jahr fertig. Anfang 2019 war die wichtige Verbindung über die Müggelspree „zwingend erforderlich“ gesperrt worden. So überraschend die Einsturzgefahr kam – ausgelöst durch bröselnden Beton wie bei den Eisenbahnschwellen –, so schnell wurde gebaut.
Brücke am Breitenbachplatz
Das Gegenteil von „im Plan“ ist die Lage in Schmargendorf. Dort bilden die Brücke über den Breitenbachplatz und der seit dem Frühjahr wegen Baumängeln gesperrte Tunnel unter dem Wohnblock Schlangenbader Straße eine Einheit. Die alte Koalition wollte die Brücke schon im kommenden Jahr abreißen, nun ist die Situation völlig
Die Grünen-Senatorin Regine Günther versuchte es schönzureden, dass später mal eine Autospur wegfallen und eine Straßenbahn über die Brücke fahren könnte. 2022 stellte Nachfolgerin Bettina Jarasch „optimierte“ Pläne vor, 36 statt 45 Meter Breite. Ob sich die neue Senatorin daran hält, ist offen. Als Bauzeit wurde bislang 2024 bis 2028 genannt.
© ARUP/COBE, SENUVK
Hebammensteigbrücke
Am Montag ist Brückentag – ganz besonders in Pankow. An diesem superlangen Wochenende wird die neue Hebammensteigbrücke von zwei großen Kränen eingehoben, die Autobahn A114 ist deshalb gesperrt bis Montag früh. Die Brücke zwischen den Ortsteilen Französisch-Buchholz und Blankenburg ist nur für Fußgänger und Radfahrer. Sie hört auch auf den Namen Hebammenbrücke, die meisten Berliner werden von ihr, wie auch Google Maps, allerdings noch nie gehört haben.
Der Neubau wurde nach Angaben der Autobahn-GmbH notwendig „infolge des nicht ausreichenden Ankündigungsverhaltens der im Bestandsbauwerk verwendeten Spannbetonfertigteile bezüglich wasserstoffinduzierter Spannungsrisskorrosion.“ Auf Deutsch vermutlich: Die Brücke hatte nicht bekannt gegeben, dass sie durchzurosten gedenkt. Wie die Elsenbrücke.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de