„Wir sind entsetzt“: Juden in Frankfurt kritisieren Genehmigung von propalästinensischer Demo
© Imago Images/Michael Schick „Wir sind entsetzt“: Juden in Frankfurt kritisieren Genehmigung von propalästinensischer Demo
Mehrere Kundgebungen von Unterstützern der Palästinenser in Deutschland wurden verboten. Die Jüdische Gemeinde in Frankfurt am Main protestiert scharf gegen die dortige Justiz.
Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern hat längst auch in Deutschland direkt spürbare Auswirkungen. In mehreren Städten sind geplante propalästinensische Demonstrationen wegen Sicherheitsbedenken, möglicher antisemitischer Ausrufe oder Gewaltverherrlichung verboten worden. In mehreren Städten musste die Polizei außerdem eingreifen, weil Israel-Flaggen entwendet und angezündet wurden.
Das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main hat dagegen das Verbot einer für den heutigen Samstag geplanten Palästinenser-Demonstration aufgehoben. Die Richter erklärten die Untersagung der auf dem Opernplatz geplanten Kundgebung „Ein freies Palästina“ für „offensichtlich rechtswidrig“, wie das Gericht am Freitag einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP zufolge mitteilte. Die von der Stadt vorgebrachten Argumente für das Verbot hätten der gerichtlichen Prüfung nicht standgehalten.
Die Stadt hatte die Versammlung mit Verweis auf vorherige propalästinensische Kundgebungen verboten, bei denen die Angriffe der radikalislamischen Hamas auf Israel bejubelt worden waren. Demnach waren Straftaten wie Volksverhetzung, Billigung von Straftaten und die öffentliche Aufforderung zu Straftaten zu befürchten. Auch israelfeindliche und antisemitische Äußerungen seien zu befürchten, argumentierte die Stadt dem Gericht zufolge.
Die Verherrlichung der barbarischen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung durch die feiernden Hamas-Anhänger auf deutschen Straße muss mit voller Härte des Gesetzes bestraft werden. In Frankfurt jedoch, scheinen sie belohnt zu werden.
Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main
Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main protestiert scharf gegen die Entscheidung des Gerichts. Trotz des Schabbat-Feiertags (jüdischer Ruhetag) müsse man völliges Unverständnis über die Entscheidung des Frankfurter Verwaltungsgerichts zum Ausdruck zu bringen, heißt es in einer Mitteilung.
„Wir sind inzwischen mehr als enttäuscht oder irritiert. Wir sind entsetzt. Wir können das Ignorieren der Gefahren, das Überhören der Alarmsignale, das Tabuisieren dieses Hasses der propalästinensischen Organisationen durch die Justiz nicht verstehen und in keiner Weise nachvollziehen“, schreibt der Vorstand. „Wir fordern, dass der Beschwerde der Stadt stattgegeben wird und die Demonstration verboten wird.“
Warnung vor „Hass-Tsunami“
Die durch ihre Initiatoren und Demonstrationsaufruf „glasklar zu erkennende antisemitische und den Terrorismus verherrlichende Kundgebung“, dürfe nun durch die Frankfurter Innenstadt ziehen, kritisiert die Gemeinde. Die bereits für den Freitag angekündigte Hass-Welle auf Jüdinnen und Juden „wird durch eine derartige Erlaubnis zu einem Hass-Tsunami“.
Die Jüdische Gemeinde fragt, wie könne man angesichts der Tatsache, dass die Organisatoren denselben Organisationen und Netzwerken angehören würden, die in Berlin Freudentänze aufgeführt hätten, nachdem die Gräueltaten an israelischen Babys, Kindern, Frauen, Männer und Schoa-Überlebenden bekannt geworden waren, ein Recht auf Versammlungsfreiheit zugestehen?
„Die Verherrlichung der barbarischen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung durch die feiernden Hamas-Anhänger auf deutschen Straße muss mit voller Härte des Gesetzes bestraft werden. In Frankfurt jedoch, scheinen sie belohnt zu werden“, heißt es in der Mitteilung weiter.
Das Gericht hatte erklärt, die zuständige Kammer halte die Einschränkungsmöglichkeiten der Versammlungsfreiheit nach dem entsprechenden hessischen Gesetz tatbestandlich für „nicht erfüllt“. Danach könne eine Versammlung nur dann verboten werden, wenn nach den erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist. Bei dieser Prognoseentscheidung seien „strenge Maßstäbe anzulegen, Verdachtsmomente reichten nicht aus“.
Bei Straftaten könne reagiert werden, so das Gericht
„Auch der Hinweis auf die hohe Emotionalität und Belastung der Gesellschaft durch den Nahostkonflikt“ könne „zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen“, fuhr das Gericht fort. Sollte es während der Versammlung zu möglichen Straftaten und Gefährdungen Dritter kommen, so könne die zuständige Behörde hierauf immer noch jederzeit reagieren.
Die Jüdische Gemeinde kritisierte, anstatt „die Demonstration des Antisemitismus und des Israel-Hasses“ zu verbieten, anstatt Solidarität zu zeigen mit den Opfern dieses an Brutalität nicht zu überbietenden Massakers, welches an „die schlimmsten Pogrome erinnert“, sehe das Verwaltungsgericht nicht genügend Anhaltspunkte für eine Gefährdung.
„Wir laden Sie, liebe Verwaltungsrichter, dazu ein, einmal einen Tag in unserem Gemeindezentrum zu verbringen. Denn während Sie solche Demonstrationen erlauben, müssen sich jüdische und israelische Institutionen verstärkt schützen und jüdische Gemeindemitglieder mit Angst vor Angriffen und Anschlägen leben“, schreibt die Jüdische Gemeinde weiter.
Propalästinensische Demo in München aufgelöst
„Was muss passieren, damit Sie diesen brutalen Terrorunterstützern endlich Einhalt gebieten? Wie kann man die Augen davor verschließen, dass es hier eben nicht um Meinungsfreiheit geht, sondern um puren, zu Gewalt aufrufenden Antisemitismus.
Wir fordern, dass der Beschwerde der Stadt stattgegeben wird und die Demonstration verboten wird“, so die Mitteilung.
Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main appelliert dann an die Menschen, um 15 Uhr gemeinsam friedlich auf dem Paulsplatz für Solidarität mit Israel zu demonstrieren und gegen Israel-Hass und Antisemitismus ein Zeichen zu setzen.
In Berlin wurde eine für den heutigen Samstag geplante Kundgebung von der Polizei verboten. Es bestehe die Gefahr, dass es dabei unter anderem zu „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen“ sowie „Gewaltverherrlichungen“ und „Gewalttätigkeiten“ kommen könne, erklärte die Polizei der Hauptstadt zur Begründung. Für die nun verbotene Versammlung waren den Angaben zufolge 150 Teilnehmende angemeldet worden.
In München hatten am Freitag trotz eines gerichtlichen Verbots nach Polizeiangaben rund 300 Menschen an einer propalästinensischen Demonstration teilgenommen. Die Kundgebung sei von Einsatzkräften aufgelöst worden, teilte die Polizei am Abend mit. Es seien einige Menschen in Gewahrsam genommen worden, „denen die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung vorgeworfen wird“. (lem)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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