Werden unsere Sommer nun immer so heiß? : „Jahrhunderthitze ist jetzt normaler Sommer“

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Werden unsere Sommer nun immer so heiß? : „Jahrhunderthitze ist jetzt normaler Sommer“

© imago images/Bearbeitung: Tagesspiegel Werden unsere Sommer nun immer so heiß? : „Jahrhunderthitze ist jetzt normaler Sommer“

Attributionsforschende untersuchen, inwiefern einzelne Wetterextreme der Erderwärmung zugeordnet werden können. Ihr Fazit ist eindeutig: Der Klimawandel ist ein absoluter Game Changer, sagen sie.

Von Jan Kixmüller

Auch in diesem Sommer kommt es immer wieder zu Hitzewellen in Deutschland. Steigt die Temperatur an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen über 28 bis 30 Grad, sprechen Meteorologen von einer Hitzewelle. In diesem Jahr sind die Hitzewellen zwar etwas kürzer als in den vergangenen Jahren, doch die Hitze schwappt regelmäßig aus dem Mittelmeerraum nach Deutschland und sorgt dabei für Spitzenwerte um 38 Grad wie am vergangenen Sonntag in Waghäusel-Kirrlach im Landkreis Karlsruhe.

Das wird in Zukunft häufiger vorkommen, sagen drei Fachleute in unserer Serie „3 auf 1“, die sich mit der Zuordnung von Extremwetterereignissen zum Klimawandel befassen. Alle bisherigen Folgen finden Sie hier.

Was ohne Klimawandel unmöglich gewesen wäre, sind nun Extremereignisse

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Klimaforscherin Friederike Otto hat die Attributionsforschung mitbegründet, die Wetterereignisse dem Klimawandel zuordnet.

Der Klimawandel ist ein absoluter Game Changer: Das, was früher seltene Ereignisse waren, sind jetzt gewöhnliche Sommer. Das, was ohne Klimawandel unmöglich gewesen wäre, sind jetzt die neuen Extremereignisse. Ob diese auch zu gewöhnlichen Ereignissen werden, liegt in unserer Hand und hängt davon ab, bei welcher globalen Mitteltemperatur wir Netto-Null-Emissionen erreichen.

Der Klimawandel beeinflusst verschiedene Extreme unterschiedlich: Eine Hitzewelle, die ohne ihn ein Jahrhundertereignis gewesen wäre, ist jetzt normaler Sommer. Eine Jahrhundertflut ist jetzt im Schnitt einmal in 50 Jahren zu erwarten. Andere Ereignisse wie Dürren verändern sich in manchen Regionen gar nicht.

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Bisherige Extremhitze wird durch den Klimawandel in Europa zu gewöhnlichem Sommerwetter. © dpa/Eduardo Briones

Im Mittelmeerraum sind Dürren häufiger geworden, im Rest Europas nicht. Allerdings sind auch in Zentral- und Osteuropa die Auswirkungen von Dürre dramatischer – durch die höheren Temperaturen und die Begradigung von Flüssen. Die Waldbrandgefahr ist durch den Anstieg extremer Hitze fast überall deutlich gestiegen. Im Mittelmeerraum besonders stark, da dort eine Abnahme des Niederschlags hinzukommt

Frühzeitig auf lange Hitzeperioden wie 2003 vorbereiten

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Karsten Haustein ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Atmosphärische Strahlung, Institut für Meteorologie, Universität Leipzig.

Hitzewellen nehmen sowohl über Land als auch in den Ozeanen zu. Insbesondere über Land haben sich die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten von Hitzeepisoden drastisch erhöht. Teilweise finden wir ein um den Faktor 10 bis 100 erhöhtes Risiko für die heißesten Ereignisse. In Europa wird die Anzahl der Hitzewellen in den kommenden Jahrzehnten weiter drastisch zunehmen.

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Bis aus 40 Grad ist die Höchsttemperatur in Deutschland in den vergangenen Sommern wiederholt gestiegen an. © dpa/Jens Büttner

Richtig gefährlich sind lange Hitzeperioden wie 2003. Sollte sich eine solche Wetterlage wiederholen – mit Temperaturen, die etwa ein Grad höher liegen würden als noch vor 20 Jahren – wären die gesundheitlichen Risiken immens. Daher braucht es frühzeitige Anpassung. Die kurzen Phasen mit besonders starker Hitze in den vergangenen Sommern sollten Warnung genug sein.

Marine Hitzewellen haben gleichfalls um ein Vielfaches zugenommen. Dies gefährdet die ozeanische Biodiversität und macht extreme Wärmeanomalien – wie gegenwärtig im nordatlantischen Raum zu beobachten – wahrscheinlicher. Insbesondere im Zusammenspiel mit El Niño sind neue Rekord-Anomalien bei den Ozeantemperaturen quasi unumgänglich.

Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation

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Sebastian Sippel ist Juniorprofessor für Klima-Attribution am Institut für Meteorologie der Universität Leipzig. 

Die Forschung hat bei extremen Hitzewellen gezeigt, dass die Zunahme der Intensität und Häufigkeit auch für Einzelereignisse belegt werden kann. Es ist daher davon auszugehen, dass auch bei in Zukunft auftretenden, individuellen Hitzewellen der Klimawandel zur Zunahme von Intensität und Häufigkeit beiträgt.

Es ist aber zu bedenken, dass nicht der Klimawandel allein Hitzeextreme verursacht, insbesondere Extremereignisse kommen durch die Überlagerung von atmosphärischer Variabilität und dem externen Signal zustande. Zum Beispiel sind Hitzewellen in Mitteleuropa häufig durch stationäre Hochdrucklagen geprägt. Diese führen zu Erwärmung durch Einstrahlung und absinkende Luftmassen und können durch Trockenheit verstärkt werden.

Trends in Hitzeextremen in Mitteleuropa über die vergangenen Jahrzehnte sind stärker ausgeprägt als in anderen Regionen mittlerer Breiten – etwa den USA. Neueste Forschungen zeigen, dass diese verstärkten Trends auf Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation zurückzuführen sind.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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