Weißfingerkrankheit: Studie findet genetische Ursache
© Getty Images/iStockphoto Weißfingerkrankheit: Studie findet genetische Ursache
Gendaten von tausenden Betroffenen hat den Ursprung des Raynaud-Syndroms aufgedeckt. Zwei verschiedene Mutationen sowie ein niedriger Blutzuckerspiegel begünstigen die blutleeren Finger.
Von
Ein Griff in den Kühlschrank reicht mitunter schon, dass die Finger schlagartig schmerzen und blass werden, weil das Blut aus ihnen weicht.
Die Weißfingerkrankheit, auch Raynaud-Syndrom genannt, ist gar nicht so selten: Zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung leidet unter dem Phänomen, das bei einem Kältereiz oder auch bei Stress auftreten kann. Eine wirksame Therapie gibt es nicht.
Ein Team vom Berlin Institute of Health der Charité (BIH) hat erst jetzt zusammen mit britischen Kolleg:innen die genetische Ursache für die erbliche Krankheit gefunden. Gleich zwei Gene schlagen bei den Betroffenen aus der Art, schreiben die Forschenden im Fachblatt „Nature Communications“.
Dadurch ziehen sich bei einem Gefäßkrampf einerseits die feinen Adern in Fingern oder Füßen zu stark zusammen. Andererseits entspannen sie sich vermutlich zu langsam, das Blut strömt also nicht schnell genug nach.
2-5%der Bevölkerung sollen vom Raynaud-Syndrom betroffen sein.
Der Vergleich von Gen- und Krankendaten von 5000 Betroffenen und mehr als 400.000 Gesunden förderte zutage, dass bei ihnen der Stressrezeptor ADRA2A überaktiv und damit überempfindlich ist. Das Hormon Adrenalin bewirkt dadurch, dass sich die kleinen Gefäße zusammenziehen – bei den Erkrankten zu stark.
Was Betroffenen helfen soll
Damit wird plausibel, weshalb Manche auch ohne äußeren Reiz so stark zu reagieren scheinen. Bei ihnen laufen die Finger auch ohne weiteres Zutun weiß an. Außerdem sei nun auch klar, weshalb Medikamente üblicherweise nicht wirken: Sie würden lediglich große Adern weiten, sagt Studienleiter Maik Pietzner. „Aber scheinbar nicht die sehr kleinen Gefäße in unseren Händen und Füßen.“
Andere, bereits zugelassene Medikamente, wie das Antidepressivum Mirtazapin, hemmen jedoch das ADRA2A-Protein. Sie könnten als wirksame Alternative taugen, schlagen er und die zweite Studienleiterin Claudia Langenberg vor.
Die Forschenden konnten zusätzlich nachweisen, dass Menschen mit einer genetischen Neigung zu einem niedrigen Blutzuckerspiegel ein erhöhtes Risiko für das Syndrom haben. Betroffenen raten sie daher, längere Episoden mit niedrigem Blutzucker zu meiden.
Der Erkrankung kam das Forschungsteam erst durch einen Blick in eine britische Biobank auf die Spur. Von einer halben Million Teilnehmenden sind hier Gen-Informationen und damit verknüpfte Gesundheitsakten hinterlegt.
In Deutschland muss mehr getan werden, um schneller zu einer besseren Versorgung zu kommen.
Claudia Langenberg, Studienleiterin
Hierzulande existiert so eine Datenbank nicht. Langenberg betont, wie wertvoll Informationen aus elektronischen Gesundheitsakten für die patientennahe Forschung sind und fordert, „dass vor allem in Deutschland mehr getan werden muss, um schneller zu einer besseren Versorgung zu kommen“.
Zur Startseite
Eine Quelle: www.tagesspiegel.de