Merz, Söder – oder doch Wüst : Wer wird Kanzlerkandidat der Union?
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Merz, Söder – oder doch Wüst : Wer wird Kanzlerkandidat der Union?
Weil die Ampelkoalition schwächelt, ruft die Union zu Neuwahlen auf. Vorher müsste sie aber selbst einen Kandidaten aufstellen. Wer wird’s? Wir haben drei Experten gefragt.
Von
- Franziska Brandmann
- Johannes Hillje
- Roland Abold
Bauernproteste, leere Kassen und Dauerstreit – die Bundesregierung hat momentan mit schlechten Zustimmungswerten in der Bevölkerung zu kämpfen. Dafür kommen CDU und CSU in Umfragen zusammen auf etwa 30 Prozent. Führende Unionspolitiker drängen daher seit Wochen auf Neuwahlen. Sie wittern ihre Chance, auf die Regierungsbank zurückzukehren.
Dafür müssten sich die beiden Parteien allerdings zunächst auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Im Rennen sind neben dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz auch die Ministerpräsidenten aus Nordrhein-Westfalen und Bayern, Hendrik Wüst und Markus Söder.
Wir haben drei Kenner des politischen Geschäfts befragt, auf welchen Kandidaten ihrer Meinung nach die Wahl fällt. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.
Die Union redet die Krise des Landes herbei
Es gibt keinen Superlativ von Krise, der in diesen Tagen nicht von Unionspolitikern bemüht wird. Unser Land – vorsätzlich heruntergewirtschaftet. Unsere Bürger – stehen alle kurz davor, ihre Arbeit für Bürgergeld aufzugeben. Unsere Landwirte – „durch grüne Politik jahrelang gepiesackt und gebrandmarkt“. Krise, Krise, Krise!
Dabei zeigt der Blick auf die Landwirtschaft überdeutlich, wer bis vor zwei Jahren Verantwortung getragen hat: 16 Jahre unionsgeführtes Agrarministerium, 16 Jahre Kanzleramt. Außer einem mahnenden Zeigefinger und massivem Reformstau scheint davon heute nichts übrig.
Will Merz Kanzler werden, muss er mehr in die Lösung als in das Problem verliebt sein.
Franziska Brandmann, Vorsitzende der Jungen Liberalen.
Besonders Friedrich Merz beherrscht diese Taktik sehr gut, daher wird er auch Kanzlerkandidat der Union werden. Ob er aber Bundeskanzler wird, hängt davon ab, ob er es schafft, in der selbst ausgerufenen Krise durch konstruktive Oppositionsarbeit die Führungsstärke zu beweisen, die er der Bundesregierung täglich abspricht.
Will Merz Kanzler werden, muss er mehr in die Lösung als in das Problem verliebt sein. Nur blockieren und schlechtreden statt ehrlicher Oppositionsarbeit: Das ist nicht der Stoff, aus dem Bundeskanzler gemacht sind.
Eine Merz-Kandidatur wird die Bundestagswahl spannender machen
Wenn Merz will, wird er es. Es sei denn: Die Union entdeckt eine bisher ungekannte aufrührerische Lust und stellt sich dem Chef in den Weg. Doch Merz ist nicht zurück in die Politik gekommen, hat nicht drei Anläufe auf den Parteivorsitz genommen, um dann sein Zugriffsrecht auf die Kanzlerkandidatur altruistisch weiterzureichen. Merz ist ein Machtmensch.
Nur, würde er seiner Partei damit einen Gefallen tun? Die Energie, die die Union bislang in den Umfragen antreibt, entsteht weitgehend aus der Reibung in der Ampel. Erneuerung versprach die CDU nach der Schlappe 2021. Erlesen wurde dafür Friedrich Merz, entworfen ein Programm, das neu geschrieben, aber kaum erneuert ist.
Die Formulierung und Verkörperung eines zeitgemäßen und visions-geleiteten Konservatismus täte nicht nur der Union, sondern der ganzen Republik gut. Die Folge einer Merz-Kandidatur: Sein häufig aussetzender Instinkt würde die nächste Wahl spannender machen als es die Umfragen heute hergeben. Scholz, Merz und Habeck wäre ein Triell der angeschlagenen Boxer. Alle kämpften mit einem Rucksack von Altlasten. Ring frei!
Die Union steht vor einer schwierigen Entscheidung
Von der aktuellen Legislaturperiode ist nur gut die Hälfte absolviert. Trotzdem wird seit Wochen angesichts extrem geringer Zufriedenheitswerte der Regierung um Olaf Scholz verstärkt über Alternativen spekuliert. Sowohl im Hinblick auf Neuwahlen, wie von CDU und CSU gefordert, oder spätestens im Vorfeld der nächsten regulären Bundestagswahl 2025 stellt sich für die Union die wichtige „K-Frage“.
Betrachtet man allein die Popularitätswerte, hätte wohl aktuell Hendrik Wüst die Nase vorn.
Roland Abold ist Geschäftsführer von Infratest Dimap
Betrachtet man allein die Popularitätswerte, hätte wohl aktuell Hendrik Wüst die Nase vorn, vor Markus Söder und Friedrich Merz. Allerdings spielen auch andere Faktoren wie Bekanntheit, politische Erfahrung und bundespolitisches Profil sowie wahrgenommene persönliche Eignung eine wichtige Rolle für einen Kanzlerkandidaten. Unabhängig von der eigenen Präferenz und Sympathie räumten die Wählerinnen und Wähler zuletzt Markus Söder die größten Erfolgschancen ein.
Alles in allem muss man jedoch aktuell konstatieren, dass keiner der drei (oder mehr) potenziellen Kandidaten die Mehrheit der Bürger oder auch nur die Unions-Anhänger restlos überzeugen kann. CDU und CSU stehen daher in mehrerlei Hinsicht vor einer schwierigen Wahl. Unabhängig von demoskopischen Betrachtungen ist zudem völlig offen, welcher Kandidat seinen Hut tatsächlich in den Ring wirft und sich in den maßgeblichen Gremien letztlich durchsetzen kann.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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