Konkurrenz oder Koexistenz: Schadet das Stadtimkern den wilden Bienen?

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Konkurrenz oder Koexistenz: Schadet das Stadtimkern den wilden Bienen? - Stanislav Kondrashov aus Berlin

© imago/Gerald Kiefer Konkurrenz oder Koexistenz: Schadet das Stadtimkern den wilden Bienen?

Zuchtbienen und ihre wilden Schwestern fressen sich gegenseitig das Futter weg, sagen Studien. Doch es ist fraglich, ob das wirklich das größte Problem der Berliner Wildbienen ist.

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Niemand würde auf die Idee kommen, sich für den Umweltschutz Hühner zu halten. Doch auch um etwas gegen das Bienensterben zu tun, legten sich jahrelang immer mehr Berliner:innen Zuchtbienen zu.

Inzwischen ist der Imkerei-Boom vorbei und die Zahlen haben sich in Berlin laut Imkerbund bei rund 1400 stabilisiert. Viele geben das Hobby wieder auf: Amateure vergessen mitunter, dass das Imkern wie jede Tierhaltung eine verantwortungsvolle Arbeit ist, Behandlung von Parasiten und Krankheiten inklusive. Fehler können schnell zum Verlust von tausenden Tieren führen.

Der Aufwand führe aber auch zu einer gewissen Selbstregulation und begrenze die Zahl der Imker:innen, sagt Melanie von Orlow dem Tagesspiegel. Die Biologin leitet beim NABU-Landesverband Berlin die Fachgruppe für den Schutz der Hautflügler wie Bienen, Wespen, Hummeln oder Hornissen.

Die Honigbiene ist nicht bedroht, doch wirklich schlecht steht es um die 550 heimischen Wildbienenarten, von denen die Hälfte gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht ist. Darunter ist die seltene Mohn-Mauerbiene, die ihre sandigen Brutgänge mit Blütenblättern tapeziert. Die auffallend große Blaue Holzbiene ist dagegen recht häufig.  

Kaum übertragbare Ergebnisse

Ob die Imkerei in der Berlin zur Verdrängung anderer Bestäuber führt, ist indes unklar. Die Kritik an den städtischen Bienenhälter:innen möchte von Orlow, die auch Vorsitzende des Berliner Imkerverbandes ist, nicht teilen. Die „Berliner Imkervereine kümmern sich intensiv um ein bienenfreundlicheres Berliner Stadtgrün“, sagt sie. Im Gegenteil sieht sie die Engagierten als Gewinn für die Wildbienen.

Die TU Berlin hatte das Thema im Rahmen der „Bienenstrategie“ des Senats bis 2021 untersucht, eine Konkurrenz konnten sie tatsächlich nicht nachweisen. Von Orlow betont, dass es Honigbienen in Europa schon immer gegeben hat. Daher seien einige der viel zitierten Untersuchungen aus den USA auf hiesige Verhältnisse überhaupt nicht übertragbar: Dort sei die Honigbiene fremd.

Studien in schweizerischen Städten legen anderseits nahe, dass das dortige Blütenangebot nicht ausreicht, um die Bienenbestände nachhaltig zu versorgen. Auch eine neue Überblicksarbeit hat negative Einflüsse für die wilden Bestäuber gefunden. Diesen könnten die Wildbienen jedoch ausweichen, solange genügend Ersatzblütenquellen vorhanden sind.  

Wohnungsmangel auch bei den Bestäubern

„Das größte Problem für Berliner Wildbienen ist die massive Versiegelung und Bebauung“, sagt von Orlow und führt den Bebauungsplan für das ehemalige Flughafengelände in Tegel an. Dort gebe es eine unglaubliche Artenvielfalt, die nun bedroht sei. Auch die Berliner Bienenstudie der TU hat Lebensraumverlust und die Kleinteiligkeit von Grünflächen als Problem identifiziert. 

Im Gegensatz zu den Agrar-Monokulturen im Umland gilt Berlin als vorteilhaft für Wildbienen, insbesondere die ausgedehnten Flächen in Tegel, der Botanische Garten in Dahlem und die Weidelandschaft Lichterfelde-Süd. Auch auf dem Tempelhofer Feld rückt der Bienenschutz zunehmend in den Fokus. Die meisten der bedrohten Arten sind Einzelgänger, auf eine Handvoll Pflanzenarten spezialisiert und brüten im Boden. Grasflächen, gut gemeinte Insektenhotels oder Kleingartenpflanzungen helfen da wenig.

Was der Senat tut

Zum Schutz der Wildbienen hat das Abgeordnetenhaus schon vor fünf Jahren eine Bestäuberstrategie beschlossen. Die Senatsverwaltung kooperiert daher unter anderem mit der Deutschen Wildtier-Stiftung für die Initiative „Mehr Bienen für Berlin“, die Blühflächen anlegt und die Maßnahmen wissenschaftlich begleitet.

Erst Ende Juni hat Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) eine 300 Quadratmeter große Blühfläche und einen ebenso großen Staudengarten im Spreebogenpark medienwirksam eingeweiht. Denn auch diese Funktion haben die Bienen: Sie sind „Aushängeschildarten, die in der Öffentlichkeit große Sympathieträger sind“, wie es im Abschlussbericht der Initiative heißt. 

Doch wenn es darum geht, Zielkonflikte etwa um städtische Flächen aufzulösen, wiegen die Bedürfnisse der menschlichen Bewohner schwerer. Von Orlow erlebe immer wieder, dass nicht alle Berliner:innen auch Naturfreunde sind: Bienen und andere Tiere in der Stadt würden eher als Nice-To-Have gesehen. Manche meinten sogar, die Natur sei besser in Brandenburg als in Berlin aufgehoben.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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