Keine Taurus-Lieferung für die Ukraine: „Erwarte vom Kanzler, dass er endlich den Weg freimacht“
© dpa/Michael Kappeler Keine Taurus-Lieferung für die Ukraine: „Erwarte vom Kanzler, dass er endlich den Weg freimacht“
Großbritannien und Frankreich haben bereits Marschflugkörper in die Ukraine geliefert. Deutschland und die USA zögern. Kritik kommt nun vom grünen Koalitionspartner und der CDU.
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Seit Monaten fordert die Ukraine von Deutschland die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können. Nach einem Bericht der „Bild“ und des ARD-Hauptstadtstudios soll nun klar sein, dass die Bundesregierung den Wunsch des von Russland angegriffenen Landes vorerst nicht erfüllen wird.
Eine Bestätigung dafür gab es am Mittwochabend zunächst nicht. „Zur Frage von Taurus-Marschflugkörpern gibt es keinen neuen Sachstand mitzuteilen“, sagte eine Regierungssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Im Klartext bedeutet das: Eine formelle Entscheidung gibt es weiter nicht. Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen immer wieder erklärt, dass man sich die Entscheidung nicht leicht machen werde und das Thema weiter mit den Bündnispartnern diskutiere.
Keine formelle Absage an Kiew
Auch „Bild“ berichtete, dass Deutschland der Regierung in Kiew bislang der Anfrage nach den Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern keine formelle Absage erteilt habe. Intern sei aber klargemacht worden, dass die Taurus-Raketen derzeit nicht geliefert werden. So halte sich Scholz die Option für die Zukunft offen.
Öffentlich hat der Kanzler zuletzt immer wieder erklärt, dass sich Deutschland aktuell auf die Lieferung von Luftabwehrsystemen konzentrieren wolle. Seine skeptische Haltung zu den Marschflugkörpern ist seit langem bekannt. Dahinter steckt, dass mit diesen Waffen auch bis weit auf russisches Territorium geschossen werden kann.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist skeptisch gegenüber den Taurus-Raketen. © dpa/Fabian Sommer
Die Bundesregierung sendet nach Ansicht von Grünen-Politiker Anton Hofreiter mit ihrer Zurückhaltung bei der seit langem diskutierten Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ein „verheerendes Signal“ an Moskau. Mangelnde Entschlossenheit und zähe Diskussionen über Waffensysteme bestärkten Moskau nur darin, auf lange Sicht den Krieg gewinnen zu können, sagte Hofreiter am Donnerstag im Deutschlandfunk.
„Solange wir dieses Signal immer wieder aus Ängstlichkeit, aus Überforderung, aus nicht schnell genug entscheiden können entsenden, solange wird dieser Krieg weitergehen“, warnte er. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag befürwortet seit langem eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern.
Hofreiter bezeichnete es als „großes Problem“, dass es vorerst keine Taurus-Lieferung an die Ukraine geben wird. „Ich erwarte vom Kanzler (Olaf Scholz), dass er endlich den Weg freimacht für die vernünftige Unterstützung der Ukraine“, sagte er im Deutschlandfunk.
NRW-Regierungschef Wüst kritisiert Scholz
„Ich wünsche mir, dass die Bundesregierung ihren Worten Taten folgen lässt und die notwendige Unterstützung der Ukraine fortsetzt“, sagte der Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag nach Angaben der Düsseldorfer Staatskanzlei zum Abschluss seines dreitägigen Besuchs in Litauen. „Die Lieferung von Marschflugkörpern erscheint mir als dringend gebotene Maßnahme zur Rettung von Menschenleben und zur Sicherung von Freiheit im Westen.“
In seinen Gesprächen mit den litauischen Außen- und Verteidigungsministern in Vilnius habe er Enttäuschung über die Haltung der Bundesregierung wahrgenommen, berichtete Wüst. „Gerade in Litauen ist die Sorge über die Aggression Russlands mit den Händen zu greifen.“
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter bekräftigte am Mittwoch seine Forderung nach Lieferung der Taurus-Raketen in die Ukraine: „Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbsternannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern“, sagte er „Bild“.
Briten und Franzosen können etwas, „was wir nicht dürfen“
Großbritannien und Frankreich haben trotzdem Marschflugkörper der praktisch identischen Typen „Storm Shadow“ und „Scalp“ geliefert. Laut „Bild“ hat Scholz dazu vergangene Woche in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses gesagt, dass diese beiden Länder „etwas können, was wir nicht dürfen“, und hinzugefügt: „Damit stellt sich die Frage nicht.“
Gemeint sei damit, dass Großbritannien und Frankreich die Geodaten für Raketenziele selbst lieferten, Großbritannien auch mit eigenem Personal vor Ort in der Ukraine. Das kommt für die Bundesregierung nicht infrage.
Zudem sollen deutsche Regierungsvertreter dem Bericht zufolge die Sorge geäußert haben, dass mit Taurus-Marschflugkörpern die Kertsch-Brücke zwischen dem russischen Festland und der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim getroffen werden könnte. (dpa)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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