Jupiter-Monde: „Es ist wahrscheinlicher, in einem unterirdischen Ozean Leben zu finden als auf dem Mars“
© dpa/s. Martin Jupiter-Monde: „Es ist wahrscheinlicher, in einem unterirdischen Ozean Leben zu finden als auf dem Mars“
„Juice“ wird laut dem Forscher Norbert Krupp nicht nur einige Premieren im Sonnensystem erleben. Die Esa-Sonde soll auch die ozeanhaltigen Jupiter-Monde nach Leben absuchen.
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Herr Krupp, Sie sind führend an der „Juice“-Mission beteiligt. Was ist aus Ihrer Sicht der spannendste Aspekt?
Wir werden mit der Sonde erstmals in einen Orbit um einen Mond im äußeren Sonnensystem einschwenken, nämlich Ganymed. Zuvor wird es Vorbeiflüge an Europa, Ganymed und Kallisto geben. Mit den Instrumenten an Bord können wir viele wissenschaftliche Themengebiete studieren, von der Oberfläche bis zu den inneren Ozeanen und die Umgebung dieser Monde. Das erfolgt im Zusammenhang mit dem Gesamtsystem Jupiter, das im Grunde ein kleines Sonnensystem für sich ist.
Welcher dieser Monde verspricht besonders wertvolle Daten, vielleicht auch Überraschungen?
Die wird es sicher bei jedem Mond geben. Ganymed ist hervorzuheben, weil es einerseits der größte Mond in Sonnensystem ist, größer übrigens als der Planet Merkur. Er ist zudem der einzige Mond mit einem eigenen Magnetfeld, das sich mit dem des Jupiters überlagert. Das wird echt spannend. Die drei Monde haben unterirdische Ozeane, über die wir mehr herausfinden wollen: wie tief sind sie, wie dick die Eiskruste, lässt sich etwas über Salzgehalt und Strömungen ermitteln und so weiter.
Die verborgenen Ozeane werden als mögliche Lebensräume betrachtet. Was bräuchte es dafür?
Damit Leben existieren kann, müssen mindestens vier wichtige Punkte erfüllt sein. Es braucht flüssiges Wasser und eine stabile Umgebung, das heißt keine starke Strahlung und solche Dinge. Drittens ist eine Energiequelle nötig, das wäre in so einem Ozean chemische Energie aus Reaktionen am Grund.
Hinzu kommen bestimmte Elemente und Moleküle, die auch als „Bausteine des Lebens“ bezeichnet werden. Speziell Europa als auch Ganymed und Kallisto haben in ihren Ozeanen gute Voraussetzungen dafür und unsere Sonde wird weitere Daten liefern, um zumindest theoretisch die Wahrscheinlichkeit für Leben genauer zu ermitteln.
Die Solarzellen von „Juice“ werden überprüft. Mit 85 Quadratmetern Fläche sind sie extra groß ausgelegt. © ESA/AIRBUS/JB Accariez/Master Films
Den Beweis wird diese Mission aber nicht führen.
Nein, man müsste vor Ort nachsehen. Ideen dazu gibt es bereits: Eine Sonde, die sich durch das Eis schmilzt und wie ein kleines U-Boot den Ozean durchquert und Proben analysiert. Falls überhaupt, wird es aber lediglich primitive Organismen geben. Grundsätzlich denke ich aber, dass es wahrscheinlicher ist, in einem unterirdischen Ozean Leben zu finden als etwa auf dem Mars.
Das dürfte noch lange dauern. Bereits Juice braucht acht Jahre, ehe sie mit der Forschung überhaupt beginnt. Wie hält man über so eine lange Zeit die Expertise?
Das ist wirklich ein Problem bei Raumfahrtmissionen, wo vom ersten Bleistiftstrich bis zum Ende der Messungen schnell 25, 30 Jahre vergehen. Und dann geht die wissenschaftliche Arbeit ja eigentlich erst richtig los. Viele in unserem Team werden dann im Ruhestand sein. Wir haben zwar die Möglichkeit, weiterhin zu forschen, mit den Daten, die dann kommen, aber das sollte nicht die Regel sein. Daher wird das Team schon jetzt verjüngt, um die Mission gut fortzuführen.
Eine Illustration von Juice und Ganymed, dem größten Mond im Sonnensystem. © ESA (acknowledgement: ATG Medialab)
Sie haben eine besondere Beziehung zu Juice, der Missionsname stammt von Ihnen. Wie sind Sie darauf gekommen?
Das Projekt hat eine bewegte Geschichte, mal wurde mit den Amerikanern geplant, mal ohne. Da gab es immer auch vorläufige Namen. Die Esa wollte schließlich einen neuen Namen haben, in dem „Jupiter“ vorkommt. Wir vom Science Definition Team haben in einer Hotelbar nahe des Esa-Technologiezentrums in Noordwijk / Niederlande gesessen. Nach ein, zwei Gin Tonic hatten wir eine Liste mit Vorschlägen, darunter „Juice – Jupiter Icy Moons Explorer“. Fragen Sie mich nicht, wie ich darauf gekommen bin, irgendeine Eingebung. Aber der ist es am Ende geworden.
Wo werden Sie den Start erleben?
Ich werde nicht vor Ort im Raumfahrtzentrum Kourou sein, sondern bei uns am Institut in Göttingen. Wir machen eine öffentliche Startveranstaltung mit Livestream und Podiumsdiskussion, um über die Mission zu informieren. Ich finde es wichtig, dass wir unseren Steuerzahlern hier in Deutschland dadurch etwas zurückgeben und vermitteln, was wir Tolles machen können. Nach einem hoffentlich erfolgreichen Start werden wir dann eine Saftbar eröffnen und auf den Erfolg von „Juice“ anstoßen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de