Heute vor 93 Jahren: Der falsche neunte Planet
© dpa/SWRI Heute vor 93 Jahren: Der falsche neunte Planet
Im Mai 1930 feiert die Menschheit die Entdeckung eines neunten Planeten im Sonnensystem. Jahrzehnte später steht fest, dass sie auf einen Betrüger hereingefallen ist.
Eine Kolumne von David Will
Am 24. Mai 1930, heute vor 93 Jahren, saß die Wissenschaft, wenn man so will, einem Hochstapler auf. Ein Forschungsteam aus Arizona hatte den neunten Planeten im Sonnensystem entdeckt, Pluto, benannt nach dem römischen Gott der Unterwelt: Ein Platz, gleichrangig neben Mars, Venus oder Neptun, der ihm nie zustand, wie sich erst Jahrzehnte später herausstellen sollte.
Die Existenz eines neunten, eines „Planeten X“, hatte man schon im 19. Jahrhundert vermutet. Im Jahr 1781 hatten Forscher in den äußeren Winkeln des Sonnensystems den Planeten Uranus gefunden, im Jahr 1846 folgte die Entdeckung von Neptun, Nummer acht. Beflügelt von diesen Erkenntnissen suchte man nach einem weiteren Planeten, den man aufgrund inzwischen als falsch erkannter Berechnungen jenseits von Uranus vermutete.
Die Suche wurde zum Wettstreit zweier Männer. Jahrzehntelang versuchten der US-amerikanische Mathematiker und Unternehmer Percival Lowell und der Harvard-Astronom William Pickering, sich in ihren Berechnungen auszustechen. Doch erst im Jahr 1930 – Percival Lowell war mittlerweile an einem Schlaganfall gestorben – erspähte der 24-jährige Astronom Clyde Tombaug an Lowells Privatobservatorium den gesuchten Schimmer durch die Linse eines neuartigen Telekops. Pluto, das sei ein guter Name, kommentierte der unterlegene William Pickering zähneknirschend: Die Kurzform „PL“ könne ja genauso für „Pickering-Lowell“ stehen.
In die Riege der römischen Götter, nach denen traditionellerweise Planeten benannt werden, gehörte Pluto allerdings nie. Während man ihn ursprünglich als in etwa so schwer wie die Erde einschätzte, taxiert die Forschung Pluto heute auf etwa ein Hundertstel ihres Gewichts. Pluto ist kleiner als unser Mond und reflektiert nur deshalb so viel Licht, weil er zu großen Teilen aus Eis besteht.
Im Jahr 2006 zog die Forschung die Konsequenzen. Nachdem einige Museen Pluto bereits aus ihren Ausstellungen verbannt hatten, degradierte ihn die International Astronomical Union (IAU). Sie machte Pluto – gegen den wütenden Protest von Clyde Tombaughs Geburts-Bundesstaat Illinois – zum Zwergplaneten. David Will
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de