Geiseln der Hamas: Wie die Bundesregierung versucht, Israel zu unterstützen

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Geiseln der Hamas: Wie die Bundesregierung versucht, Israel zu unterstützen

© imago/photothek/IMAGO/Thomas Imo

Geiseln der Hamas: Wie die Bundesregierung versucht, Israel zu unterstützen

Noch immer werden Deutsch-Israelis von der Hamas als Geiseln gehalten. Die Bundesregierung versucht, Israel zu unterstützen und macht Krisendiplomatie.

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Shay Levinson ist tot. Auf seinem X-Kanal hat der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, vor wenigen Tagen ein Foto von dem 19-Jährigen hochgeladen. „Nach Monaten der Ungewissheit wurde der Tod von Shay Levinson, Sohn Israels und Deutschlands, bestätigt“, schrieb Seibert. Levinson habe immer an ein friedliches Zusammenleben zwischen Juden und Arabern geglaubt. Er sei am 7. Oktober ermordet worden, seine Leiche nach Gaza entführt.

Montag vor einer Woche. Im Schloss Bellevue saßen Angehörige deutsch-israelischer Geiseln, die noch immer in Gaza gefangen gehalten werden. Auch Shay Levinsons Vater war dabei. Levinson war Soldat, ein „Soldat der Hoffnung“, nannte sein Vater ihn. Er habe in einem jüdisch-arabischen Volleyballteam gespielt. Er dankte der deutschen Regierung.

Das ist nicht ungewöhnlich. Spricht man mit Angehörigen der Geiseln über die Rolle der Bundesregierung und des deutschen Staates loben sie die Betreuung. Wie eine Umarmung fühle sich das an, erzählt einer. Die Rolle der deutschen Regierung im Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas ist vor allem, kommunikative Brücken für Israel zu Vermittlerstaaten wie Katar zu bauen. Eine der Angehörigen, Ephrat Machikawa, sagte bei einer Pressekonferenz, sie wolle Steinmeier darum bitten, sich beim Golfemirat Katar für dessen Rolle zu bedanken.

Federführung der Verhandlungen liegt bei Israel

Das Auswärtige Amt hat einen Krisenstab eingerichtet, der sich nur um die Frage der Geiseln kümmert. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, dass Diplomaten, Militärangehörige und hochrangige Polizisten aus Deutschland in Tel Aviv sind, auf Einladung der israelischen Regierung. Die Federführung bei den Verhandlungen über Geiseln liegt bei Israel, auch wenn sie neben der israelischen die deutsche oder weitere Staatsangehörigkeiten besitzen. Die Erkenntnisse decken sich mit Tagesspiegel-Informationen.

Wir haben
keine Zeit mehr.

Ephrat Machikawa, Angehörige einer deutsch-israelischen Geisel

Deutschland spielt an der Stelle eine Nebenrolle, aber eine durchaus prominente. Die Beziehungen zu Katar und Ägypten sind gut, beide Länder dienen als Vermittler. Mit Katar unterhält Israel offiziell keine diplomatischen Beziehungen. Mitte November waren Mütter und Väter von Geiseln schon einmal in Berlin. Damals hatten sie auch einen Termin mit dem katarischen Botschafter in Deutschland, um mit ihm zu sprechen. Die Kinder dieser Angehörigen wurden inzwischen freigelassen.

Seit einigen Tagen gibt es nun Gerüchte über eine mögliche Verhandlungsoption zwischen Israel und der Hamas. Das US-Onlineportal „Axios“ berichtete, Israel habe durch katarische und ägyptische Vermittler ein Angebot an die Hamas gemacht: Es solle eine zweimonatige Feuerpause geben, im Gegenzug sollten die über 130 verbleibenden Geiseln freikommen. Es wäre eine diplomatische Lösung. Bisher sind durch Verhandlungen über 100 Geiseln nach Israel zurückgekehrt, nur eine Geisel wurde durch eine Militäroperation befreit. Laut „Wall Street Journal“ sei die Hamas dafür offen.

Geiseln als Schutzschilde gebraucht

Für die verbleibenden israelischen Geiseln ist die Lage im Gaza-Streifen bedrohlich, Berichten zufolge werden sie als menschliche Schutzschilde für den Hamas-Chef Jahja Sinwar genutzt. Befreite Geiseln berichten von Folter und sexualisierter Gewalt, Kinder sollen laut Angaben israelischer Ärzte unter Drogen gesetzt worden sein.

Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist laut der UN weiter katastrophal. Es fehlt an Wasser, Nahrungsmitteln, Medikamenten. Tausende Kinder sind bislang gestorben. Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte im Interview mit dem „Spiegel“, er befürchte, im Norden des Gazastreifens sei „Hungersnot weit verbreitet“. Israel und die Hamas haben sich unter Vermittlung von Katar vor rund einer Woche auf Medikamentenlieferungen für die Geiseln und Zivilisten in Gaza geeinigt.

Die Situation bleibt angespannt. Am Wochenende hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu die Zwei-Staaten-Lösung abgelehnt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kritisierte die Haltung am Montag bei einem Außenministertreffen in Brüssel, zu dem auch ihr israelischer Amtskollege Israel Katz gereist war. Es sei die „einzige Lösung“, sagte Baerbock.

Zurück in Bellevue. Ephrat Machikawa hatte eine Sanduhr mitgebracht. „Wir haben keine Zeit mehr“, sagte sie.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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