Erneut Ärger für SPD-Kandidatin in Hessen : Bundesinnenministerin Faeser stoppt Wahlspot im Trump-Stil
© AFP/Kirill Kudryavtsev Exklusiv Erneut Ärger für SPD-Kandidatin in Hessen : Bundesinnenministerin Faeser stoppt Wahlspot im Trump-Stil
Im hessischen Wahlkampf läuft für Innenministerin Nancy Faeser vieles schief. Nun rückt ein SPD-Werbefilm ihren Gegner von der CDU, Boris Rhein, in die Nähe Rechtsradikaler.
Von Daniel Friedrich Sturm
Kein einziges Mal ist Nancy Faeser in dem 86-Sekunden-Spot zu sehen. Nur am Ende ruft eine Stimme dazu auf, bei der hessischen Landtagswahl am 8. Oktober die SPD und die Bundesinnenministerin, die dort Spitzenkandidatin ist, zu wählen.
Dafür widmet sich der Wahlwerbespot ausgiebig der CDU und ihrem Ministerpräsidenten Boris Rhein, der eine Koalition mit den Grünen anführt. Die SPD verweist auf die gemeinsame Abstimmung von CDU und AfD in Thüringen, blendet dann den Landtag zu Wiesbaden ein: „Droht eine solche Kooperation bald auch in Hessen? Wird sich Boris Rhein von Rechtsextremen Stimmen besorgen?“
Die SPD zeigt ein Konterfei Rheins – und stellt, in gleicher Größe, direkt daneben Porträtfotos des rechtsextremen thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke, der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und ihrem früheren Fraktionschef Alexander Gauland.
Ja, die Hells Angels haben Boris Rhein damals als Innenminister in abgehörten Gesprächen für seine Kooperation gelobt.
Aus dem Wahlspot der hessischen SPD
Doch es geht noch weiter, Rheins „Chef“ im CDU-Bundesvorstand, Friedrich Merz, habe im Sommer „eine Marschrichtung vorgegeben“, weiß der Film zu berichten.
Nein, heißt es gönnerhaft, Rhein habe mit den „Rechten in der CDU Hessen sicherlich nie viel am Hut. Oder doch?“ Eingeblendet wird die stramm rechte Ex-CDU-Frau Erika Steinbach, ein Foto des Rockerclubs „Hells Angels“: „Ja, die Hells Angels haben Boris Rhein damals als Innenminister in abgehörten Gesprächen für seine Kooperation gelobt.“
Die Logos von CDU und AfD werden eingeblendet, eine weibliche Stimme erklärt schneidend: „Auf die CDU ist in Sachen AfD kein Verlass mehr.“ Die SPD garantiere, dass Hessen „frei von rechter Politik bleibt“. In weiß-roten Lettern wird eingeblendet: „Keine schwarz-braune Kooperation.“
Erneut die Frauenstimme: „Deshalb am 8. Oktober beide Stimmen für die Demokratie. Beide Stimmen für die SPD und Nancy Faeser.“
Dieses Video, mit der die SPD den politisch moderaten Ministerpräsidenten Rhein in die Nähe zu Rechtsradikalen rückt, ist in deutschen Wahlkämpfen von einer neuen Qualität. Die Mischung aus Unterstellungen und einer konsequenter Negative-Kampagne erinnert an die Wahlkampfmethoden Donald Trumps.
Am Samstagmorgen war das Video noch auf der Instagram-Seite der hessischen SPD zu sehen. Kurz darauf wies Spitzenkandidatin Faeser ihre Partei dazu an, das Video zurückzuziehen, wie Hessens SPD-Generalsekretär Christoph Degen auf Tagesspiegel-Anfrage mitteilte. Ob Faeser das Video zuvor freigegeben hatte, blieb zunächst offen.
In der Nacht auf Samstag hatte das Video im Internet Kritik ausgelöst. „Die Lehre von Weimar ist, dass Demokraten gegen die Gefahr von Rechts zusammenstehen müssen u sich nicht gegenseitig diffamieren“, schrieb Ex-CDU-Chef Armin Laschet auf der Plattform X: „Dass Nancy Faeser und die SPD jetzt gegen die Partei von Walter Lübcke so agieren ist menschlich enttäuschend und unverzeihlich.“
In Faesers Wahlkampf ist der Vorfall eine weitere Folge einer langen und frappierenden Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Faesers Agieren im Wahlkampf wie als Innenministerin in Berlin wird in SPD-Kreisen zusehends kritisch betrachtet.
Bleibt Faeser bei Niederlage in Hessen Bundesministerin?
Führende SPD-Politiker rechnen mit einer Niederlage Faesers bei der Wahl am 8. Oktober. Vereinzelte wird bereits diskutiert, ob sie sich im Ministeramt wird halten können.
In der jüngsten Umfrage im Auftrag der ARD kommt die SPD auf 16 Prozent, das wären vier Prozentpunkte weniger als bei ihrem Rekordtief 2018. Hessen galt einmal als „SPD-Land“. Die CDU liegt bei 31 Prozent, vier Punkte über ihrem Ergebnis von vor fünf Jahren.
Der von der SPD für eine Kooperation mit der AfD verdächtigte Ministerpräsident Rhein kommt bei der Direktwahl-Frage auf 35 Prozent, Faeser auf 14 Prozent. Sie bindet damit also nicht einmal alle SPD-Wähler. Faeser wirbt in Hessen für die Bildung einer Ampel-Koalition unter ihrer Führung. Ein solches Modell wird jedoch von Woche zu Woche mathematisch wie politisch unwahrscheinlicher.
Mathematisch ist derzeit noch eine CDU/SPD-Koalition möglich. Mit dem SPD-Video im Trump-Stil dürfte die politische Wahrscheinlichkeit dafür sinken. Ob die CDU mit dieser Sozialdemokratie regieren will, muss sich nach dem Wahltag weisen.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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