Emissionen auf Höchststand, Budget bald erschöpft: Forschende liefern ernüchterndes Klima-Update

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Emissionen auf Höchststand, Budget bald erschöpft: Forschende liefern ernüchterndes Klima-Update

© Imago/Beautiful Sports/Derix Emissionen auf Höchststand, Budget bald erschöpft: Forschende liefern ernüchterndes Klima-Update

Der Weltklimarat IPCC schafft wissenschaftliche Grundlagen für politische Verhandlungen über Klimaschutz, aber nur etwa alle sieben Jahre. Wissenschaftler liefern nun jährliche Updates und legen das erste vor.

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Gute Vorbereitung ist für Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen über Klimaschutz unverzichtbar. Was bei den jährlichen Konferenzen unter dem Dach der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen im Winter beschlossen wird, hängt auch von den – von der Öffentlichkeit weniger beachteten – jährlichen Vorkonferenzen im Sommer in Bonn ab.

Rechtzeitig zum diesjährigen Zusammentreffen in Bonn, das am Montag begann, legt ein internationales Forschungsteam jetzt neue Werte des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen und der dadurch verursachten Erwärmung vor. Demnach könnte das verbliebene Budget für Emissionen, das noch mit einer Fifty-fifty-Chance vereinbar ist, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, in weniger als fünf Jahren ausgeschöpft sein.

„Die Analyse ist ein rechtzeitiger Weckruf, dass Tempo und Umfang der Klimaschutzmaßnahmen unzureichend sind“, sagt Co-Autor Jan Minx vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich das globale Klimasystem verändert, brauchten politische Entscheidungsträger, Klimaverhandlungsführer und zivilgesellschaftliche Gruppen aktuelle und solide wissenschaftliche Erkenntnisse, auf die sie ihre Entscheidungen stützen können.

Informationslücke zwischen den IPCC-Berichten

Wissenschaftliche Grundlage für die Verhandlungen in Bonn und auf den jährlichen „COPs“ sind die Sachstandsberichte des Weltklimarats IPCC. Der letzte, sechste Bericht erschien ab 2021 und einige der wichtigsten Eckdaten sind bereits überholt. In Bonn sollen aber jetzt Entscheidungsentwürfe etwa zu globalen Bestandsaufnahmen der Emissionen, zur Anpassung und zur Eindämmung des Klimawandels formuliert werden – dicke Bretter, die für die COP in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Winter zumindest angebohrt werden sollen.

„Dies ist das entscheidende Jahrzehnt für den Klimawandel“, sagt Piers Forster, Direktor des Priestley Centre for Climate Futures in Leeds. Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, würden sich darauf auswirken, wie stark die Temperaturen steigen und wie schwerwiegend die Auswirkungen sein werden.

Um die Informationslücke zwischen den Sachstandsberichten des IPCC zu schließen, hat der Klimaphysiker das Projekt „Indikatoren des globalen Klimawandels“ gestartet. Auf einer frei zugänglichen Plattform soll der Wissensstand zu Kerngrößen des Klimawandels nun jährlich aktualisiert werden. Im Fachjournal „Earth System Science Data“ stellt das Team um Forster – darunter viele Autoren von IPCC-Berichten – jetzt das erste Update vor, das zeigt, wie sehr sich Schlüsselindikatoren seit Veröffentlichung des IPCC-Berichts bereits verändert haben.

  • Die vom Menschen verursachte Erwärmung hat sich auf 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt beschleunigt.
  • Im vergangenen Jahrzehnt (2013 bis 2022) lag die globale Mitteltemperatur 1,14 Grad über dem vorindustriellen Niveau. In der vom IPCC berücksichtigten Dekade bis 2019 waren es 1,07 Grad.
  • Die Treibhausgasemissionen haben „einen historischen Höchststand“ erreicht. Im Jahrzehnt 2012 bis 2021 entsprachen sie jährlich durchschnittlich 54 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Kohlendioxid.
  • Das verbliebene Emissionsbudget für das 1,5-Grad-Klimaschutzziel ist von etwa 500 Gigatonnen Kohlendioxid im Jahr 2020 auf 250 Gigatonnen Anfang 2023 gesunken. Ursache sind die fortgesetzten Emissionen, aktualisierte Erwärmungswerte sowie eine verbesserte Datenbasis.
  • Die Abkehr von der Kohleverbrennung verlangsamt die Zunahme der Emissionen. Kurzfristiger Effekt ist jedoch verstärkte Erwärmung, weil auch die kühlend wirkende Luftverschmutzung verringert wird.

„Die langfristigen Erwärmungsraten sind derzeit so hoch wie nie zuvor, verursacht durch die höchsten Treibhausgasemissionen“, fasst Forster die Ergebnisse zusammen. Die Klimapolitik müsse den neuesten Erkenntnissen über den Zustand des Klimasystems Rechnung tragen. „Die Zeit ist nicht mehr auf unserer Seite“, sagt Forster. „Wenn wir nicht wollen, dass das 1,5-Grad-Ziel in unserem Rückspiegel verschwindet, muss die Welt viel härter und dringender an der Verringerung der Emissionen arbeiten.“ Zugang zu aktuellen Informationen sei dabei entscheidend.

„Mit jährlichen Updates wird der IPCC nicht ersetzt, sondern seine Politikrelevanz erhöht“, sagte Jan Minx dem Tagesspiegel. Die Kernindikatoren würden in der Zeit zwischen den Sachstandsberichten fortgeschrieben – nach der Methodik des IPCC. „So können internationale Klimaverhandlungen immer basierend auf den neusten Informationen geführt werden.“

  • Klimawandel

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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