„Die Ampel muss weg“: Bauern sagen Regierung bei Demo in Berlin den Kampf an
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„Die Ampel muss weg“: Bauern sagen Regierung bei Demo in Berlin den Kampf an
Die Landwirte fordern die Rücknahme der Subventionsstreichungen. Andernfalls wollen sie ihre Proteste ausweiten. Gegen die aufgeheizte Stimmung kommt Agrarminister Özdemir kaum an.
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Die Bauern sind für eine Wutdemonstration ins Regierungsviertel gekommen, aber vor der Kundgebung haben sie beste Laune. In grüner Arbeitskleidung macht eine Gruppe Landwirte vor dem Brandenburger Tor ein Erinnerungsfoto. Ein Jungbauer reicht Mettwurst-Brötchen herum.
Vor der Bühne fachsimpeln Demo-Teilnehmer, was schlimmer für die Ernte ist: zu viel Wasser an der Küste oder der trockene Herbst in Bayern. Hinter ihnen steht eine Traktorkolonne – nach einer Sternfahrt durch Berlin – bis zurück zur Siegessäule.
Die Stimmung der gut 6000 Demonstranten kippt um 11.03 Uhr, als Agrarminister Cem Özdemir auftaucht. Mit Buhrufen und Pfiffen wird er auf der Bühne vorm Brandenburger Tor empfangen.
Anderthalb Stunden muss er sich den Zorn der Bauern anhören. Ganz zum Schluss redet der Grünen-Politiker. Äußerlich bleibt Özdemir, zur Demo in einer blauen Windbreaker-Jacke erschienen, regungslos. Wie sehr es in ihm brodelt, wird erst deutlich, als er schließlich spricht. Doch der Reihe nach.
Es reicht, zu viel ist zu viel.
Bauernpräsident Joachim Rukwied
Bauernpräsident Joachim Rukwied dankt Özdemir zunächst, dass er sich stellt. Dann legt er los. Die zusätzliche Belastung von etwa einer Milliarde Euro pro Jahr, weil die Bundesregierung ihnen den subventionierten Agrardiesel und die Befreiung von der Kfz-Steuer streichen will, werde man nicht hinnehmen. „Es reicht, zu viel ist zu viel“.
Rukwied spricht von einer „Kampfansage“ und prophezeit der Regierung „einen sehr heißen Januar“, wenn die beiden Entscheidungen nicht zurückgenommen werden. „Dann werden wir ab 8. Januar überall präsent sein in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat“, sagt er.
Attacken gegen Finanzminister Lindner
Nicht den anwesenden Landwirtschaftsminister geht Rukwied frontal an, sondern Finanzminister Christian Lindner (FDP). Auch der sei zu dieser Demonstration eingeladen worden, habe aber aus Termingründen abgesagt, erzählt Rukwied enttäuscht. Er sei nicht zuletzt für diese Steuererhöhung verantwortlich.
Gleich mehrere Redner werfen der FDP Wortbruch vor. Obwohl die Liberalen im Wahlkampf versprochen hätten, Steuern nicht zu erhöhen, würden die Abgaben für die etwas mehr als 200.000 Bauern-Betriebe in Deutschland nun in Milliardenhöhe steigen. Özdemir fordert er auf, gegen die Streichung der Vergünstigungen zu kämpfen, bis hin zur Rücktrittsdrohung.
Özdemir will auf die Bauern zugehen – eigentlich
Für Özdemirs Wutausbruch sorgt aber nicht Rukwied, sondern Claus Hochrein, der Vorstandssprecher von „Land schafft Verbindung“. Hochrein bezweifelt, dass Özdemir von der von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner beschlossenen Abschaffung des Agrardiesels vorher nicht gewusst hat.
Cem Özdemir bei seiner Rede auf der Bauerndemo.
© dpa/Fabian Sommer
„Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen gegen deine Nächsten“, habe er im Religionsunterricht gelernt, sagt Özdemir, als er endlich an der Reihe ist. Und er beschuldigt Hochrein dann indirekt des Rassismus, weil der an einer Stelle von einem „türkischen Basar“ gesprochen hat. „Ich habe die Botschaft schon verstanden“, meint Özdemir.
Es ist der Moment, wo diese Protestdemonstration eskaliert. Özdemir wird jetzt konsequent ausgebuht, bis Rukwied ihn in Schutz nimmt. Immer wieder rufen die Teilnehmer „Neuwahlen“ oder „die Ampel muss weg“. Ein Häcksler zerlegt grün-rot eingefärbte Strohballen. Ein dröhnendes Hupen kommt von der Traktorkolonne.
Die Bauern planen bereits eine Eskalation
Gegen diese Stimmung kommt Özdemir nach seiner Attacke gegen Hochrein kaum noch an. Dabei hat er sich eigentlich vorgenommen, auf die Landwirte zuzugehen. Bereits am Morgen erklärte er im ARD-„Morgenmagazin“, dass er Finanzminister Lindner Vorschläge unterbreitet habe, wo im Haushalt an anderer Stelle gekürzt werden könnte, um die Agrarsubventionen zu erhalten.
Auf der Bühne vor dem Bundestag fordert er die Landwirte auf, den Konflikt nicht zu eskalieren. Er habe während der Rede viel Zeit gehabt, die Plakate der Bauern zu lesen, viele Schilder gingen ihm nahe. Die Landwirte sollten nun aber nicht Habeck, Lindner und Scholz zu Gegnern erklären. „Wir wollen die gewinnen. Wir wollen gemeinsam eine Lösung finden“, sagt Özdemir.
Eine Lösung hat die Regierung an diesem Montag aber noch nicht. Auch wenn die FDP-Fraktion erklärt hat, der Streichung der Subventionen nicht zuzustimmen.
Rukwied behält sich deshalb eine mögliche Eskalation explizit vor. „Entweder die Ampel nimmt diese Entscheidung zurück oder wir brauchen einen Regierungswechsel“, sagt er. Dafür wollen die Bauern notfalls selber sorgen – mit weiteren Protesten ab dem 8. Januar. Welche Wucht Tausende Traktoren in einer Großstadt entwickeln können, haben die Landwirte an diesem Montagmorgen in Berlin erlebt.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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