Der 29. Februar: Kolumbus, Gott, Gotthard und die Füllung im Zahn der Zeit

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Der 29. Februar: Kolumbus, Gott, Gotthard und die Füllung im Zahn der Zeit

© dpa/pa

Der 29. Februar: Kolumbus, Gott, Gotthard und die Füllung im Zahn der Zeit

Der diesjährige Schalttag wird leider kein großer für die europäische Raumfahrt. Frühere waren Tage der Rettung für Entdecker, Tage auf dem Scheiterhaufen für Kirchenreformer. Und formal sind sie sehr korrekt.

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Eigentlich war für den 29. Februar 2024 etwas für Forschung und Technologie in Europa sehr Wichtiges geplant. Vor nicht allzu langer Zeit war jedenfalls angedacht, dass dann die erste Ariane-6-Rakete starten sollte. Daraus wird aber nichts. Mitte des Jahres ist jetzt angepeilt. So wird es, wenn nichts Überraschendes geschieht, in den Annalen der Wissenschaft und Technik im Vergleich zu jedem anderen Datum für den 29. Februar bei sehr wenigen Einträgen bleiben.

Zu ihnen gehört der Durchstich des Gotthardtunnels 1880.

Gott und Gotthard

Der war aber durchaus – wie man richtig komplizierte Wissenschaft heute gern bezeichnet – echte „Rocket Science“. Denn als um 11 Uhr an jenem Sonntag die Verbindung zwischen den beiden Röhren hergestellt wurde, trafen sie tatsächlich direkt aufeinander. Die Abweichung zur Seite betrug nur 33 Zentimeter, die in der Höhe gerade einmal fünf. Eine Meisterleistung der Vermessungstechniker und Ingenieure.

Genaue Vorausberechnung hatte schon knapp 400 Jahre vorher einem nicht ganz Unbekannten aus einer sehr misslichen Lage herausgeholfen. Ende Februar 1504 lag Christoph Kolumbus mit zwei gestrandeten kleinen Karavellen an der Küste Jamaikas, und das schon über ein halbes Jahr. Die Einwohner der Insel hatten anfänglich die Besucher in der Hoffnung auf vorteilhaften Handel gut versorgt. Nun hatten sie aber die Geduld verloren. Die Mannschaft hungerte bereits.

Mathe hilft

Kolumbus erwirkte ein Treffen mit dem Cacique, dem Häuptling, und sagte diesem voraus, dass Gott den Jamaikanern ein Zeichen seines Zorns wegen der schlechten Behandlung der Besucher senden werde: Am Abend des 29. Februar werde der aufgehende Vollmond rot erscheinen, „entflammt von Gottes Zorn“.

Der 29. Februar: Kolumbus, Gott, Gotthard und die Füllung im Zahn der Zeit

Kolumbus, wie sich zeitgenössische Künstler ihn vorstellten. In Jamaika sah die Szene sicher anders aus, zumindest, was die Schiffe angeht. Derer waren ihm nur zwei geblieben, und das waren kleine Karavellen.

© IMAGO/H.Tschanz-Hofmann

So zumindest geben Biografen die Worte des Genueser Seefahrers in Diensten der kastilischen Krone wieder.

Als die Mondfinsternis kam, also der rot verdunkelte Mond wirklich erschien, verfehlte das Naturschauspiel seine Wirkung nicht. Kolumbus soll das Spiel noch dadurch auf die Spitze getrieben haben, dass er sich, angeblich für eine Konsultation mit Gott persönlich, in seine Kajüte zurückzog. Kurz bevor der Mond wieder aus dem Erdschatten trat und damit die Totalität der Verdunkelung endete, kam Kolumbus demnach wieder heraus und sagte, Gott werde den Blutmond in Kürze abschalten und den Jamaikanern, wenn sie ihn und seine Leute weiter versorgten, vergeben. Es funktionierte natürlich.

Wissen, wo’s steht

Was hatte Kolumbus gemacht? Er hatte ein Buch mit astronomischen Tabellen dabei, verfasst von dem Astronomen und Astrologen Abraham Zacuto. In ihm wurden auch Finsternisse wissenschaftlich berechnet vorhergesagt. Glück hatte Kolumbus auch mit dem Zeitpunkt. Denn die Berechnungen Zacutos erstreckten sich zwar über 30 Jahre, aber sie gingen nur bis 1506.

15.2.Datum des 29. Februars 2024 nach dem Julianischen Kalender.

Die Episode und die Legenden, die aus ihr gesponnen wurden, haben vielleicht mehr zur katholischen Missionierung der Karibik beigetragen als manch emsiger Missionar. Ein anderes Ereignis aus der Geschichte des Christentums dagegen war wenige Jahre später bedeutsam für die Spaltung genau dieser Kirche. Am 29. Februar 1528 wurde dem reformatorischen Theologen Patrick Hamilton im schottischen St. Andrews der Prozess gemacht. Dieser endete für ihn noch am selben Tag auf dem Scheiterhaufen. Die Wirkung aber war eine andere als beabsichtigt. Hamilton wurde zum Märtyrer. Es dauerte zwar noch etwas, doch kein anderes Land in Europa wandte sich letztlich geschlossener und kompromissloser von der römischen Kirche ab als Schottland.

Schalten, Zeit verwalten

Dass es den 29. Februar überhaupt alle paar Jahre gibt, ist auch himmlisch begründet. Der Schalttag wurde zu Zeiten Julius Cäsars im Jahre 45 v. Chr., drei Jahre anch Überschreiten des Rubikon, eingeführt. Man wusste damals zwar noch nicht, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Dass ein Jahr aber nicht genau 365 Tage und Nächte lang ist, sondern knapp sechs Stunden länger, war schon bekannt. Der Februar war im römischen Kalender der letzte Monat, und so hängte man alle vier Jahre an diesen einen Tag an.

Der 29. Februar: Kolumbus, Gott, Gotthard und die Füllung im Zahn der Zeit

Feldherr Gajus Julius Cäsar –

© dpa

Bis das Römische Reich untergeht, sollte das reichen, mag Cäsar sich gedacht haben. Hundertprozentig genau war die Regelung jedenfalls auch nicht. Denn der eine Tag alle vier Jahre war dann doch wieder ein bisschen zu viel – so viel, dass die, die den Gregorianischen Kalender, eingeführt 1582, verschmähten, zum Beispiel 1917 eine Oktoberrevolution machten, als es eigentlich längst November war.

Papst Gregor XIII. jedenfalls entschied 1582, in 400 Jahren dreimal den 29. Februar ausfallen zu lassen, zuletzt geschehen im Jahr 1900. Die noch übrigbleibende minimale Ungenauigkeit wird ab und zu durch eine zusätzliche Schaltsekunde ausgeglichen. 2016 war bislang das letzte derart verlängerte Jahr.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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