BSW-Gründungsparteitag in Berlin : Wagenknecht und die Waffen auf Moskau
© AFP/JOHN MACDOUGALL
BSW-Gründungsparteitag in Berlin : Wagenknecht und die Waffen auf Moskau
Das Wagenknecht-Bündnis präsentiert sich einig und polemisiert gegen Waffen für die Ukraine. Die Gründerin selbst spricht davon, mit deutschen Waffen könnte Moskau angegriffen werden.
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Deutsche Waffen im Anflug auf die russische Hauptstadt? Das hält Sahra Wagenknecht für denkbar. Am Samstag spricht sie beim Gründungsparteitag des BSW über Friedrich Merz als denkbaren Kanzler. Der wolle Waffen liefern, „damit Selenskyj demnächst mit deutschen Waffen sogar Moskau angreifen kann“.
Damit setzt sie den Ton in einer Partei, die sich insgesamt einig und geschlossen präsentiert – bei keinem Thema aber so einig und emotional bewegt wie in der Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine.
Von „Aufrüsten und Säbelrasseln“ spricht die später gewählte stellvertretende Parteivorsitzende Friederike Benda in ihrer Bewerbungsrede. „Noch mehr Waffen bringen keinen Frieden, und sie verbessern auch die Verhandlungsposition von Kiew nicht“, fasst sie die Haltung ihrer Partei zusammen.
Die will sich als einzige Friedenspartei präsentieren und dazu als Vertretung der sprichwörtlichen kleinen Leute. „Wir werden kein Teil der abgehobenen, selbstgerechten Politblase sein, in der man sich über alles Mögliche die Finger wund twittert“, ruft die Co-Parteivorsitzende Amira Mohamed Ali in den Saal.
Standing Ovations für Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine
Die Begeisterung im Publikum ist groß, natürlich aber für niemanden so groß wie für Namensgeberin Wagenknecht selbst. Als sie um Punkt 10 Uhr den Saal betritt, gemeinsam mit Ehemann Oskar Lafontaine, erheben sich die 382 angereisten Mitglieder zum Applaus.
Die Parteitagsregie läuft bis zum frühen Nachmittag ohne größere Probleme, notwendige Wahlen für verschiedene Parteiämter werden abgewickelt. Am Nachmittag steht noch die Wahl der Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl an. Als stellvertretender Parteivorsitzender ist der Polit-Quereinsteiger Shervin Haghsheno schon bei der Gründung am 8. Januar gewählt worden.
Auf dem Parteitag kommen zwei weitere Vizes dazu: Friederike Benda, früher in Berlin bei der Linkspartei aktiv, sowie Amid Rabieh aus Nordrhein-Westfalen, ebenfalls ein früherer Linke-Politiker. In den erweiterten Parteivorstand lässt sich der Publizist Michael Lüders wählen, bekannt für seine Einschätzungen zu Nahost und der arabischen Welt.
Ein weiteres Thema, das den Parteitag durchzieht, ist die Abgrenzung zur AfD. Die Botschaft: Mit der will das Wagenknecht-Bündnis nichts zu tun haben. Es müsse möglich sein, Waffenlieferungen abzuwählen, ohne sich damit das faschistoide Gedankengut der AfD einzuhandeln, sagt die Publizistin Daniela Dahn, die als Gastrednerin auftritt.
Generalsekretär Christian Leye wendet sich direkt an „die hart arbeitenden Menschen vor den Fernsehern: Die AfD schert sich einen feuchten Kehricht um Sie.“ Viele Rednerinnen und Redner beschwören die Gefahr, die von der AfD für die Demokratie ausgehe. Sich selbst sieht man in historischer Mission als einzige wählbare Alternative zur Ampelregierung. Man wolle ein kleines Stück Geschichte schreiben, sagt Leye.
BSW-Gastrednerin Dahn: Der Roten Armee gebührt ewiger Dank
Zu Beginn erheben sich die Mitglieder für eine Schweigeminute an diesem 27. Januar, also dem Tag des Holocaust-Gedenkens. Eine frühere stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Auschwitz ist gekommen und hält eine kurze Rede. Die Publizistin Dahn zeigt sich der Roten Armee „ewig zu Dank verpflichtet, wie immer sich die Weltlage inzwischen verändert hat“. Die EU sieht sie als „transatlantische Filiale der USA und der Nato“.
Von den Waffen für die Ukraine bis zu den Anliegen von Menschen, die sich um Renten und Mieten sorgen: Es werden jede Menge Bögen geschlagen. „Für nichts ist mehr Geld da, außer für den Krieg und Waffen, da sind Milliarden übrig“, sagt Generalsekretär Leye.
Es sei Ergebnis einer irren Debatte, dass die AfD als Friedenspartei gelte, sagt Wagenknecht. Sie ruft das BSW auf, zur „Partei des Miteinanders“ mit Toleranz und Respekt zu werden. Man wolle keine „Linke 2.0“ sein.
Dem politischen Gegner aber bringt sie kaum Respekt entgegen. Ricarda Lang sieht sie als „Sinnbild der Abgehobenheit“, für die Grünen sei die Welt in Ordnung, solange in Rüstungsverträgen gegendert werde. Friedrich Merz sei ein Ex-Lobbyist, der im Privatjet um die Welt düse. Alles Vernünftige sei in den vergangenen Jahren als rechts diffamiert worden. Die Ampel verdiene sich ihren Titel als dümmste Regierung Europas jeden Tag neu.
Sahra Wagenknecht will es besser machen. Ob sie die Chance bekommt, entscheiden die Wählerinnen und Wähler.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de
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