Analyse von Umweltproben : Verletzt Forschung die genetische Privatsphäre?

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Analyse von Umweltproben : Verletzt Forschung die genetische Privatsphäre?

© dpa/Julian Stratenschulte Analyse von Umweltproben : Verletzt Forschung die genetische Privatsphäre?

Was wo lebt, lässt sich anhand von DNA-Spuren erkennen. Doch neben tierischem Erbgut geht auch menschliches ins Netz. Damit wären Rückschlüsse auf Erbkrankheiten Einzelner möglich.

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Was lebt in einem Wald, See, Meer? Der Genomforscher Craig Venter war 2004 einer der ersten, „neuen“ Umweltbiologen: Statt mühsam nach Tier-, Pflanzen- oder Mikrobenarten Ausschau zu halten, nach ihnen zu tauchen oder sie zu angeln, entnahm er, entspannt auf seinem Segelboot sitzend, ab und an ein paar Wasserproben aus der Bermuda-See. An Land analysierte er dann die darin enthaltenen DNA-Spuren und konnte ziemlich genau sagen, was dort kreucht und fleucht.

Inzwischen sind die Methoden so sensitiv, dass Umweltforschenden dabei kaum noch eine Spezies entgeht – auch nicht die DNA-Spuren von Menschen. Und das ist ein Problem, warnt ein Forschungsteam um David Duffy von der Universität Florida im aktuellen Fachblatt „Nature Ecology & Evolution“.

Beim Sammeln von „environmental DNA“ (eDNA) komme es häufig zu „menschlichem genetischen Beifang“ und damit genetischen Informationen, aus denen gesundheitsrelevante Informationen über einzelne, womöglich sogar identifizierbare menschliche Individuen gewonnen werden könnten. Nach Ansicht der Autorinnen und Autoren könne dieser genetische Beifang zu ungerechtfertigter genetischer Überwachung führen und es müsse darüber diskutiert werden, ob und wie Informationen aus eDNA-Analysen ethisch und rechtlich reguliert werden sollten.

Analyse von Umweltproben : Verletzt Forschung die genetische Privatsphäre?

Craig Venter auf seinem Segelboot „Sorcerer ll“, mit dem er 2004 Proben aus der Bermuda-See nahm. © Corbis via Getty Images/Rick Friedman

Geninformation in Wasser, Sand und Luft

Erbgutspuren lassen sich mittlerweile aus Wasser-, Sand- und Luftproben isolieren. In der Regel soll damit die Verbreitung bestimmter Wildtiere, Pflanzen oder auch Krankheitserreger überwacht werden. Doch insbesondere in der Nähe von Städten oder Siedlungen sind auch menschliche Erbgutspuren in den Proben enthalten, und zwar in Mengen, so die Forscher, dass sich bestimmte Genveränderungen erkennen lassen – auch solche, die Auskunft über bestimmte Erkrankungen einer Person geben könnten. Auch auf die Herkunft (Europa, Afrika, Asien …) der Individuen könnten Forschende schließen, wenn sie den genetischen Beifang denn entsprechend analysieren würden.

Wir sollten sicherstellen, dass Menschen vor missbräuchlicher Verwendung dieser Technologie geschützt werden.

Barbara Prainsack, Universität Wien

Für forensische Untersuchungen ist gesetzlich genau geregelt, welche Informationen aus einem Stück Erbgut, das etwa an einem Tatort gefunden wurde, ausgelesen werden dürfen: neben der Identifizierung der Person (genetischer Fingerabdruck) unter bestimmten Umständen auch Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter. Gesundheitsrelevante Informationen dürfen aus der DNA nicht bestimmt werden.

Zwar sei es derzeit noch „sehr schwierig“, einzelne Personen aus eDNA-Proben zu identifizieren, sagt Barbara Prainsack von der Universität Wien. „Die technischen Möglichkeiten dazu könnten sich in der Zukunft jedoch rasch ändern.“ Prainsack, Mitglied der österreichischen Bioethikkommission und ehemaliges Mitglied der Ethikkommission der britischen Polizei-DNA-Datenbank, plädiert dafür, „sicherzustellen, dass Menschen vor missbräuchlicher Verwendung dieser Technologie geschützt werden“.

Allerdings sei es nicht zielführend, „jegliche Umweltforschung, bei der es denkbar ist, dass menschliche DNA zufällig mitanalysiert wird, als Forschung am Menschen zu qualifizieren und genau denselben forschungsethischen Vorgaben zu unterwerfen“. Dort, wo viel menschliche DNA zu erwarten ist, sollten die Folgen genetischen Beifangs vorab bedacht werden.

Man müsse sich „vorausschauend Grenzen setzen“, sagt Matthias Wienroth vom Policy, Ethics and Life Sciences Research Centre der Universität Newcastle, etwa „wo und von wem man Daten sammelt“. Der Grundsatz, dass mehr Wissen mehr hilft, könne nicht unbedingt angewendet werden, so Wienroth, wenn mehr Wissen zu mehr ungerechtfertigter Überwachung und auch zu weniger Sicherheit führen könnte. „Es gilt auch hier, die menschliche Autonomie, Würde und das Selbstbestimmungsrecht über persönliche Daten zu bewahren.“ (mit smc)

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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