© Jacqueline Schulz
Lisa sagt, Oliver habe sie schon missbraucht, als sie sechs war. Mit 18 wird sie das erste Mal schwanger von ihm. Er behauptet, sie habe ihn verführt. Erst Jahre später kann sie sich befreien – frei fühlen kann sie sich nicht.
Von Julius Heinrichs
Mindestens fünf müssen es sein, fünf Shampoos, fünf Duschgels, fünf Deos, sonst findet Lisa keine Ruhe. Sie stehen im Bad-Regal, akkurat sortiert, da hat Lisa sie im Blick, hat die Kontrolle über sie, kann einfach nachkaufen, wenn schon wieder eins leer ist. Schnell geht das, schneller zumindest als Lisa lieb ist. So schnell, dass Lisa jeden Monat 100 bis 150 Euro für Nachschub ausgeben muss. Die Flaschen leeren sich beim Duschen am Morgen, bei der täglichen Ganzkörperrasur, beim Baden am Abend oder einfach zwischendurch. Es ist nicht so, dass Lisa die Flaschen nicht gerne langsamer leeren würde. Aber das Waschen fühlt sich so gut an, die Reinheit danach, der Schmerz währenddessen.
Manchmal fühlt der Schmerz sich zu gut an, dann werden ihre Hände wieder rau, platzen auf und bluten. Lukas stellt sich dann neben Lisa und passt auf, dass sie es mit dem Waschen nicht weiter übertreibt. Lisa weiß, dass es gut ist, dass Lukas das macht, nur ist der Schmerz manchmal eben noch besser. Denn der Schmerz an ihren Händen überdeckt den in ihrem Kopf. Die Gedanken an Oliver.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de