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Überschall ohne Knall: Die Nasa will in Kürze einen Concorde-Nachfolger präsentieren
Passagierflugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit, das hieß bisher Concorde, inklusive der Katastrophe im Jahr 2000. Doch es gibt neue Projekte, die sogar nachhaltiges und CO₂-neutrales Fliegen versprechen.
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- Christina Horsten, dpa
Etwa 30 Meter lang, zehn Meter breit, und vorne lang sehr spitz zulaufend: „X-59“ wirkt futuristisch. 2018 gab die US-Raumfahrtbehörde Nasa den Jet beim Rüstungskonzern Lockheed Martin in Auftrag – und will damit nun den Überschall-Flug revolutionieren. Am kommenden Freitag, dem 12. Januar, will die Nasa das Herzstück ihrer Mission „Quesst“ (Quiet SuperSonic Technology) nun öffentlich vorstellen. Flugtests sind erst für später geplant.
„Wir sind auf jeden Fall bereit, ein neues Kapitel in der Geschichte des Überschallflugs zu schreiben und den Flugverkehr über Land doppelt so schnell zu machen, aber auf eine Art und Weise, die sicher, nachhaltig und so viel leiser als vorher ist“, sagt Nasa-Manager Peter Coen.
Sanfte Sprengung der Schallmauer
Das Besondere am „X-59: Die Maschine soll ohne Überschall-Knall fliegen können. Beim Fliegen mit Überschall ist die Fluggeschwindigkeit größer als die Schallgeschwindigkeit in der Umgebung des Flugzeuges. Durchbricht ein Flugzeug in der Luft die Schallmauer, gibt es einen sehr lauten Knall. Unter anderem, weil das viele Menschen beunruhigt und stört, hat die US-Luftfahrtbehörde FAA bis auf Weiteres alle zivilen Überschallflüge über den USA untersagt.
An einer X-59 wird ein F414-GE-100-Düsentriebwerk in den Lockheed Martin Skunk Works in Palmdale, Kalifornien, installiert.
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Der Knall bei Überschallflügen entsteht, weil die Maschinen Druckwellen zunächst gleichsam vor sich hertreiben. Da diese aber eben nicht schneller als Schallgeschwindigkeit unterwegs sein können, addieren sie sich gleichsam immer mehr und werden vom schneller werden Flugzeug komprimiert. Und wenn sie von diesem dann eingeholt werden, entlädt sich die ganze Energie in einem riesigen Knall mit zugehöriger Druckwelle. Die Ingenieure von „Quesst“ sagen, ihr Design sorge dafür, dass diese Addition der Druckwellen kaum noch stattfinde und man bei der X-59 statt Donnerknall höchstens noch den Knall einer Autotür hören wird.
Die „X-59“ soll in etwa 16 Kilometern Höhe mit rund 1500 Kilometern pro Stunde fliegen. Für die Entwicklung des Fliegers hat Lockheed Martin rund 250 Millionen Dollar (etwa 230 Millionen Euro) von der Nasa erhalten. Die Nasa will nun bei Flügen über ausgewählten Regionen der USA weitere Daten sammeln.
Mit dem „X-59“ rückt eine Rückkehr des Überschall-Flugs näher – rund 20 Jahre nach dem Aus der legendären Concorde. Der elegante schneeweiße Überschalljet mit den Deltaflügeln und der spitzen Nase war einst das Nonplusultra zwischen Paris und London auf europäischer und New York auf amerikanischer Seite. Die Concorde ermöglichte es etwa Jetsettern und Topmanagern ein Vierteljahrhundert lang, binnen dreieinhalb Stunden von Europa nach New York zu fliegen. Das konnte dazu führen, dass man nach Sonnenuntergang in Europa losflog, aber vor Sonnenuntergang in den USA ankam. Die Flüge waren allerdings sehr teuer und der Treibstoffverbrauch exorbitant. Und das alles rechnete sich weder für Air France noch British Airways, die beiden einzigen Concorde-Eigner.
British Airways musterte seine Überschall-Flugzeuge vom Typ Concorde im November 2003 aus.
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Im Juli 2000 kam es dann zur Katastrophe: Kurz nach dem Start in Paris verunglückte eine Concorde, alle 109 Insassen sowie vier Menschen am Boden starben. Ursache des Unglücks war ein auf der Startbahn liegender Metallstreifen. Es war der Anfang vom Ende der „Königin der Lüfte“. Hinzu kamen die Luftfahrtkrise nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und rasant steigende Wartungskosten. Angesichts hoher Verluste war 2003 Schluss. Am 24. Oktober 2003 landete der letzte kommerziell genutzte Überschall-Jet in London. Die legendäre Concorde ist nur noch in Museen zu bewundern.
Wir sind auf jeden Fall bereit, ein neues Kapitel in der Geschichte des Überschallflugs zu schreiben.
Peter Coen, Nasa
Die Faszination am Überschall aber blieb, und an Plänen für einen Nachfolger mangelte es seither nicht. Realisiert wurden sie bislang jedoch nicht. Nun aber arbeiten neben Nasa und Lockheed Martin auch noch andere Unternehmen an Überschall-Jets. Unter anderem macht derzeit das US-Start-up Boom. von sich reden. Es arbeitet an „Overture“, einem Jet für bis zu 55 Fluggäste, der schneller und deutlich effizienter als die Concorde sein soll.
„Die Welt schrumpfen“
„Die Ticketpreise sollen denen der heutigen Business Class ähneln, so dass der Horizont von Millionen von Reisenden erweitert werden kann“, sagte Firmenchef Blake Scholl in einer Mitteilung. „Letztendlich ist unser Ziel, dass jeder sich Überschall-Flug leisten können soll.“ Unter anderem die Fluggesellschaft United Airlines hat schon Flugzeuge bei Boom bestellt. Geplante Testflüge verzögerten sich zunächst jedoch immer wieder. Auch die 2002 gegründete US-Firma Aerion entwickelt mit Unterstützung von Airbus einen Geschäftsflieger für bis zu zwölf Passagiere, der anderthalbfache Schallgeschwindigkeit erreichen soll.
„Wir sprechen über eine Zukunft, in der Menschen weniger Zeit mit dem Reisen und mehr Zeit an ihren Zielorten verbringen können – mit der Familie, bei der Arbeit oder beim Besuchen neuer Orte“, sagte Nasa-Wissenschaftler Jonathan Rathsam. „Es ist ein Weg, die Welt zu schrumpfen und es ist aufregend, ein Teil dieser Zukunft zu sein.“
Zukunftstreibstofff SAF
Wie genau diese Art von Flügen „nachhaltig“ betrieben werden könnte, dazu gibt es neben PR-Statements etwa bei „Boom“ auch konkrete Pläne. Die Jets sollen mit einem Treibstoff namens SAF, kurz für „Sustainable Aviation Fuel“, betankt werden, dessen Kohlenstoff aus dem Treibhausgas Kohlendioxid, idealerweise direkt aus der Atmosphäre, gewonnen wird. Die Energie, die für dessen Herstellung nötig ist, soll aus erneuerbaren Quellen kommen. Zusätzlich will man bei Boom auch auf umwelt- und gesundheitsschädliche Bestandteile des bisherigen Kerosins verzichten, vor allem sogenannte aromatische Kohlenwasserstoffe. Und das Flugzeug soll so gut es nur geht recyclebar sein, sagte Ben Murphy von „Boom Supersonic“ kürzlich der BBC.
Doch bisher gibt es soweit bekannt zwar bereits Vorbestellungen von Airlines, aber weder eine Maschine, die schon selbständig abgehoben hat, noch Anlagen, mit denen man den Treibstoff in den nötigen Mengen herstellen könnte.
Auch das Problem der Concorde-Flüge, die aufgrund der extremen Flughöhe Passagiere und Crews stark erhöhten Dosen kosmischer Strahlung aussetzten, besteht bei den neuen Konzepten nach wie vor. Hier gibt es zwar das Gegenargument, dass die kürzere Flugzeit die Gesamtstrahlenmenge begrenzt und so auch die Zeit, während der der Körper akute Strahlenschäden an Erbmaterial und Proteinen bekämpfen muss. Doch sichere Daten hierzu gibt es nicht. Dass Piloten und Mitglieder von Crews generell, also auch ohne Überschall und Überhöhe, für manche Krebsarten ein messbar erhöhtes Risiko haben, darauf gibt es allerdings deutliche Hinweise.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de