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Trotz „gruseliger Kicks“: Wie Angelina Köhler in Berlin zur Schwimm-Weltmeisterin reifte
Nach 15 Jahren gewinnt Angelina Köhler wieder eine WM-Goldmedaille für Deutschlands Frauen im Becken. Ihr Wechsel zur SG Neukölln gab ihrer Karriere dabei die entscheidende Wendung.
Von Benedikt Paetzholdt
In der Nacht von Montag auf Dienstag fand Angelina Köhler nur sehr schwer in den Schlaf. Nach ihrem Sieg über die 100 Meter Schmetterling bei der Weltmeisterschaft in Katar dauerte es seine Zeit, bis die 23 Jahre alte Wahl-Berlinerin ihr besonderes Rennen verarbeitet und zumindest einen Teil der zahlreichen Glückwünsche auf Instagram und WhatsApp beantwortet hatte. „Es ist einfach toll, wie viele Leute hinter mir stehen“, sagte sie in einer Online-Medienrunde am Dienstag, „es war ein supertoller Moment“.
15 Jahre nach Britta Steffen, die bis dato die letzte deutsche Weltmeisterin im Beckenschwimmen war, dominierte Köhler in allen Läufen. Im Halbfinale hatte Köhler den deutschen Rekord, den sie selbst bei der WM im Vorjahr aufgestellt hatte, um fast eine Sekunde unterboten. Im Finale konnte sie dann einmal mehr ihre Stärke auf der zweiten Rennhälfte ausspielen.
15 Jahre lang lag die letzte WM-Goldmedaille einer Beckenschwimmerin zurück.
Dass einige Stars die WM zu diesem ungewöhnlichen Zeitpunkt auslassen, weil im Sommer mit den Olympischen Spielen der Saison-Höhepunkt erst noch ansteht, minderte Köhlers Freude keineswegs. Mit der Gold-Zeit von Doha (56,28 Sekunden) hätte sie bei den Wettbewerben im vergangenen Sommer Silber gewonnen – in diesem Rennen hatte sie Platz fünf belegt. Ein halbes Jahr vor den Wettkämpfen in Paris ist die Schwimmerin der SG Neukölln also voll auf Kurs.
Dass Köhler im vergangenen Jahr ihre Leistungen sprunghaft steigern konnte, hat viel mit ihrer sportlichen Heimat zu tun. 2022 hatte sie sich entschieden, von Hannover nach Berlin weiterzuziehen. Unter der Anleitung von Trainer Lasse Frank trainierte sie hier an ihren Schwächen: Start, Wende, Tauchphasen. „Meine Kicks waren gruselig“, sagt sie jetzt mit einem Lächeln.
Doch es ist längst nicht nur das Training in Berlin, das manchmal dafür gesorgt hat, „dass ich Tränen hinter der Schwimmbrille“ hatte, wie Köhler über einige anstrengende Einheiten berichtet. „Meine Trainingskollegen sind wie eine Familie für mich, wir sind wirklich eine Familie.“ Mit Ole Braunschweig verbindet sie eine enge Freundschaft. Die beiden Vorschwimmer der SG Neukölln verbringen viel Zeit miteinander – auch jetzt während der WM.
Am Wochenende ist Köhler erneut gefordert. Doch bis dahin will sie den Moment genießen und eine Botschaft vermitteln: „Ich bin das beste Beispiel, dass es jeder schaffen kann“, sagt Köhler. Als Jugendliche wurde sie wegen ihres Aussehens „mit großen Zähnen und Brille“ gehänselt, die Schwimmerin galt als besonders tollpatschig. Doch Köhler hat sich nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Ihre Botschaft: „Man muss nicht perfekt sein, um Leistung zu bringen.“
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de