Neue Technik für die Altkleider-Industrie: Textilscanner soll Wiederverwertung erleichtern

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Neue Technik für die Altkleider-Industrie: Textilscanner soll Wiederverwertung erleichtern

Fast Fashion sorgt für wachsende Müllberge. Berliner Forschende haben eine Maschine entwickelt, die die Altkleidersortierung beschleunigt. Ihr Ziel: Mit KI auch Schadstoffe und Fasern erkennen.

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Jeder Deutsche entsorgt durchschnittlich 4,7 Kilogramm Kleidung im Jahr. Doch nur ein kleiner Teil davon landet in Secondhandläden oder bei karitativen Einrichtungen.

Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin (TU) und der Freien Universität Berlin (FU) haben im Rahmen des Forschungsprojektes CRTX einen Textilscanner entwickelt, der die Altkleidersortierung in Zukunft verbessern und damit das Secondhandgeschäft attraktiver machen soll. Mithilfe von KI-gestützter Bildanalyse erkennt das Gerät, ob sich gebrauchte Textilien für den Secondhandmarkt eignen.

„Bisher werden Altkleider händisch sortiert. Ein zeitaufwändiger Prozess, jedes Kleidungsstück muss zwei bis drei Mal in die Hand genommen werden, bis Produktart und Qualitätszustand feststehen“, sagt Karsten Pufahl vom Fachgebiet für Nichtlineare Optik der TU. Der Textilscanner analysiert gebrauchte Kleidungsstücke innerhalb weniger Sekunden. T-Shirts, Jacken und Hosen fahren durch einen flachen Tunnel, der mit einer Kamera ausgestattet ist.

Auf einem Bildschirm erscheint ein Bild des Kleidungsstücks zusammen mit wichtigen Merkmalen zu Produkttyp, Farbe und Zielgruppe. Nur wenn die Kleidung in einem guten Zustand ist, von einer hochwertigen Marke stammt oder einem aktuellen Modetrend entspricht, eignet sie sich für den europäischen Secondhandmarkt.

Bislang sortieren oft Freiwillige Massen an Altkleidern, die gespendet oder wiederverkauft werden. Das soll jetzt eine KI übernehmen.

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Anhand von Fotos, die zum Beispiel aus Onlineshops stammen, hat das Forscherteam die KI darauf trainiert, aktuelle Modetrends zu erkennen. „Wenn man genauer und sorgfältiger sortieren kann, lassen sich in Zukunft neue Zielgruppen erschließen und damit auch Kunden ansprechen, die bisher noch nicht zu Secondhandkleidung greifen“, sagt Pufahl. 

Aus gebrauchten Textilien neue Garne ausspinnen zu können, ist ein großer Traum der Textilindustrie.

Karsten Pufahl, Bekleidungstechniker an der TU Berlin

Rund eine Million Tonnen Textilien landen jedes Jahr bei den Altkleidersammlungen, heißt es beim Dachverband FairWertung e.V., einem Zusammenschluss von mehr als 130 gemeinnützigen deutschen Altkleider-Sammelorganisationen. Nur ein kleiner Teil davon wird für karitative Zwecke gebraucht. Die Altkleidersammler verkaufen die übrigen Textilien an Sortierunternehmen, die diese erfassen und weiterverkaufen. Seriöse Altkleidersammler geben auch die Erlöse davon an soziale Projekte weiter. 

Durchschnittlich eignen sich nur noch 50 Prozent der Textilien für den Secondhandgebrauch. Der größte Teil davon wird exportiert. Nur etwa zehn Prozent sind sogenannte Creme-Ware, die auf dem europäischen Secondhandmarkt verkauft wird. Was nicht mehr tragbar ist, wird zu Wischlappen, Malervlies oder Autositzfüllungen verarbeitet.

Deutschland hat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2022 rund 462.500 Tonnen Altkleidung exportiert. Sie ging nach Polen, in die Vereinigten Arabischen Emirate und afrikanische Länder, wo sie auf Kleidermärkten verkauft wird, an manchen Orten aber auch für Müllberge sorgt.

Das Ziel: auch Schadstoffe und Fasern erkennen

In einem weiteren Teil des Forschungsprojektes CRTX, das seit Mitte des Jahres durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima mit rund 2,3 Millionen Euro gefördert wird, entwickeln die Berliner Wissenschaftler ein Verfahren, das mittels Raman-Spektroskopie jede Textilart präzise erkennen soll. Zudem arbeiten sie daran, dass auch bestimmte Schadstoffe in Textilien gemessen werden können.

Um aus gebrauchter Kleidung neue Textilprodukte anzufertigen, wäre es ein wichtiger Schritt, Fasern gleicher Qualität und frei von Schadstoffen zurückgewinnen zu können. „Aus gebrauchten Textilien neue Garne ausspinnen zu können, ist ein großer Traum der Textilindustrie“, sagt Pufahl. Kleidung besteht jedoch häufig aus einem Gemisch verschiedener Materialien – zum Beispiel einem Mix aus Baumwolle und Polyester. Faserrecycling erfolgt deswegen weltweit fast noch gar nicht.

Außerdem wird Kleidung oft mit speziellen Chemikalien behandelt, etwa Flammschutzmitteln in Berufskleidung, Zusätzen in bügelfreien Textilien oder zur Imprägnierung bei Outdoorprodukten oder auch Farbstoffen, die Probleme beim Recycling verursachen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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