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Meine Zukunft mit den Öffis: Message statt Massagesessel
Stell dir vor, du bist 26 und du sollst ARD und ZDF einschalten. Was für eine Herausforderung!
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Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist mehr denn je in der Diskussion. Nicht nur Struktur und Finanzierung, auch die Programmleistungen finden Kritik und Zustimmung. Was sich insbesondere in den ARD<TH>und ZDF verändern, verbessern soll, das kann nicht allein den Programmverantwortlichen in den Sendern überlassen bleiben. Deswegen wird Adrian Schulz auf der heutigen Medienseite aufschreiben, was er von den linearen Programmen ARD<TH>und ZDF künftig erwartet. Adrian Schulz ist 26 und Volontär des Tagesspiegels. Er gehört zu der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen, die nur noch zu 22 Prozent ihren Bewegtbildkonsum mit linearem Fernsehen füllen. Am Sonntag stellt Joachim Huber sein Wunschprogramm zusammen. Mit 64 Jahren gehört er zu der Zielgruppe, die zu 86 Prozent das lineare Fernsehen bevorzugen.
Ein fieser Trick, um Leute von ihrer Meinung abzubringen, ist folgender. „Überzeugt dich das denn selbst?“, frage man sie. „Wirklich? Ganz sicher?“ Die wenigsten werden ohne Einschränkung mit Ja antworten, viele zögern, einige zweifeln. Wer steht schon voll und ganz hinter seinen Ideen und Plänen, ein Rammbock der Überzeugung im Chaos des Lebens?
ARD und ZDF lassen sich nicht beirren
An der Sinnhaftigkeit ihres Programms hegten die Chefs von ARD und ZDF lange Zeit nicht den geringsten Zweifel. Wer sich nicht beirren lässt, ist geradlinig; wer sich verschanzt, ist beratungsresistent. Der Boom des öffentlich-rechtlichen Quarks deutet auf Letzteres hin.
Donnerstag, letzte Woche, bei den Öffis: Außer den Nachrichten liefen da „Soko Stuttgart“, „Notruf Hafenkante“, „Die Bergretter“, „Maybrit Illner“, „Brisant“, „Wer weiß denn so was?“, „Großstadtrevier“. Freitag: „Bettys Diagnose“, „Die Chefin“, „Soko Leipzig“ sowie die Liebeskomödie „Zurück aufs Eis“. Samstag: „Soko Wien“, „Die Bergretter“ (mit dem Zweiten sieht man doppelt), „Wetten, dass..?“, „Donna Leon“ und der Husum-Krimi „Die Toten am Meer“. Sonntag: „Tatort“, „Anne Will“, „Das Traumschiff“.
Sex, Drugs and Rock’n’Roll war einmal das Motto der 68er-Generation. Nun ist sie alt geworden und lässt sich mit Krimi, Talkshow und Schlager abspeisen.
Die Fernsehmacher machen Fernsehen voller Überzeugung. Aber wovon sind sie eigentlich überzeugt? Schaut man sich das Ergebnis an, muss man feststellen: davon, dass das Publikum jeden Moment einzuschlafen droht. Dass es nur wach gehalten werden kann durch sanfte Schocks ins Hirn. Durch künstlich polarisierte Debatten ohne Erkenntnisgewinn; durch Wohlfühlgrusel mit Kommissaren, die ja auch nur Menschen sind; durch Charaktere von der Komplexität eines Hühnerfrikassees. Das Publikum nimmt es hin und greift zur Gabel, aus Gewohnheit und der normativen Kraft des Faktischen. Bekömmlichkeit heißt die Maxime.
Kommt der Sonntag, kommt „Anne Will“ im Ersten.
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Die angeblich kurze Aufmerksamkeitsspanne der Generation Smartphone diskutieren die Eltern der Nation als Problem. Ihre eigene ARD-ZDF-Reiz-Reaktions-Langeweile-Maschine übersehen viele geflissentlich. Diese Maschine wird angetrieben vom kurzsichtigen Schielen auf Einschaltquoten und vom Algorithmus der stetig stärker werdenden Selbstverblendung. Ein Teufelskreis ist entstanden, in dem kein frischer Wind weht, nichts mehr riskiert, das Alte ständig neu aufgebrüht wird. Öffentlich-rechtliche Filterblasen.
Ein solches Null-Programm ist nicht nur gefährlich, denn es liefert die besten Argumente für die Abschaffung oder zumindest das Kaputtsparen der Öffis – eine Agenda, die am lautesten die AfD aufs Tableau gebracht hat. Mit Erfolg: Schon 36 Prozent der Deutschen hegen im Moment laut ZDF-Politbarometer kein oder kein großes Vertrauen in die Berichterstattung, vor zwei Jahren waren es noch 25 Prozent. Doch klar ist: Mit weniger Geld würde nicht bei Rosamunde Pilcher gestrichen, sondern bei „Monitor“, „Weltspiegel“, „Frontal“ und Co.
Niveau auf Null
Die Null, an die sich das Niveau des öffentlich-rechtliche Programms asymptotisch annähert, entspricht einfach nicht dem Auftrag, den die Sender haben. Der Rundfunk-Staatsvertrag verpflichtet sie dazu, „als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen“. Weniger Püriertes, mehr zum Beißen, heißt das in der Sprache der Küche.
Halten wir fest: Geld ist nötig, und Geld ist da. Es braucht ein Dorf, um ein Kind zu erziehen, lautet ein afrikanisches Sprichwort. Es braucht ein Dorf, um einen ARD-Vorsitzenden zu bezahlen, geht seine deutsche Variante. Stolze 1875 Menschen müssen ein Jahr lang den Rundfunkbeitrag entrichten, um Tom Buhrow für ein Jahr zu vergüten.
Dagegen wäre nichts zu sagen, böte Buhrow diesen Menschen (und allen anderen) etwas für ihr Geld. Stattdessen stimmte auch er unlängst ein in den Chor derjenigen, die die Öffentlich-Rechtlichen zusammenlegen und am liebsten so sehr entkernen würden, dass nichts mehr von ihnen übrig bleibt. Das zeugt nicht von der Empfänglichkeit für Kritik, sondern vom strategischen Scharwenzeln eines unter Druck geratenen Bürohengstes. Davon, dass die grenzenlose Überzeugung der öffentlich-rechtlichen Bosse von vornherein nie etwas wert war.
Was aber anfangen mit dem Geld, das sie hoffentlich freiwillig rausrücken? Auf der Wunschliste eines jeden Mitglieds der Generation Z mit einem Sinn für gesellschaftsförderndes Glotzen dürften stehen: ruckelfreie Mediatheken-Player ohne Überladung durch Buttons und Schriftzüge; ausländische Filme und Serien in Originalsprache; mehr Reportagen zur besten Sendezeit; mehr investigative Podcasts wie Wildwild Web und Oury Jalloh; kein Raum für Luftikus-Debatten und Debatten-Luftikusse à la Flaßpöhler, Streeck, Precht; weniger Hitler-Dokus und Geschichtskitsch; Rundfunkräte, die die Gesellschaft abbilden und nicht die Staatskanzleien.
Wünschen darf man, zahlen muss man. Dass sich das bald wieder lohnen wird, davon bin ich aus tiefstem Herzen überzeugt.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de