© dpa/Kin Cheung Kevin Spacey-Prozess: Schauspieler weist Anschuldigungen als „sexueller Tyrann“ zurück
Kevin Spacey wird im Londoner Prozess als „sexueller Tyrann“ beschrieben, der Männer sexuell angreift. Spacey bestreitet die Vorwürfe und strebt einen Freispruch an.
Im Londoner Prozess gegen Oscar-Preisträger Kevin Spacey hat die Staatsanwaltschaft den US-Schauspieler als „sexuellen Tyrannen“ beschrieben. Spacey sei ein Mann, „dem es offenbar Spaß macht, wenn sich andere machtlos und unbehaglich fühlen – ein sexueller Tyrann“, sagte die britische Staatsanwältin Christine Agnew am Freitag vor den Geschworenen. Seine „bevorzugte Angriffsmethode“ bestehe darin, „anderen Männern aggressiv in den Schritt zu packen“. In einem Fall sei er sogar noch weiter gegangen.
„Kevin Spacey Fowler ist ein Schauspieler; viele von Ihnen werden das bereits wissen“, sagte Agnew in ihrem Eröffnungsplädoyer, in dem sie Spaceys vollen Namen nannte. „Er ist ein äußerst berühmter Schauspieler, der eine Reihe von Preisen gewonnen hat. Er ist, so die Behauptung der Anklage, auch ein Mann, der andere Männer sexuell angreift.“
Spacey muss sich wegen der mutmaßlichen sexuellen Übergriffe seit Mittwoch vor dem Strafgericht Southwark Crown Court in der britischen Hauptstadt verantworten. Der Hollywood-Star, der aus Filmen wie „Die üblichen Verdächtigen“ und „American Beauty“ sowie der erfolgreichen Netflix-Serie „House of Cards“ bekannt ist, weist alle zwölf Anklagepunkte zurück und will das Gericht nach eigenen Worten von seiner „Unschuld“ überzeugen.
Spacey nutze „Popularität und Prominenz“ aus
Spacey werden zwölf Vergehen gegen vier Männer in den Jahren 2001 bis 2013 in London und in Gloucestershire im Südwesten Englands zur Last gelegt, darunter sexuelle Belästigung, sexuelle Nötigung, „unsittliche Angriffe“ sowie nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen. Der US-Schauspieler war von 2004 bis 2015 künstlerischer Leiter des Londoner Theaters Old Vic.
Sein Mandant ist nach Großbritannien zurückgekehrt, um sich zu den Vorwürfen zu äußern und zu erzählen, was tatsächlich passiert ist.
Spaceys Anwalt Patrick Gibbs
Staatsanwältin Agnew sagte, Spacey habe „seine Popularität und Prominenz, seinen Ruhm und Einfluss“ ausgenutzt, „um sich zu nehmen, was und wen er wollte“. Die Vorwürfe der vier Männer habe er dann als „erfunden“ abgetan oder als einvernehmliche sexuelle Handlungen beschrieben. Obwohl sich die vier Männer nicht gekannt hätten, seien ihre Schilderungen aber ganz ähnlich.
Spaceys Anwalt Patrick Gibbs sagte, sein Mandant sei nach Großbritannien zurückgekehrt, um sich zu den Vorwürfen zu äußern und zu erzählen, „was tatsächlich passiert ist“. Von den Klägern würden die Geschworenen im Prozess „einige Halbwahrheiten“, „einige absichtliche Übertreibungen“ und „viele verdammte Lügen“ zu hören bekommen, sagte er.
Spacey zählt zu einer Reihe von Stars, darunter Bill Cosby und R. Kelly, die im Zuge der #MeToo-Bewegung gegen sexualisierte Gewalt angeklagt wurden. Er wies stets alle Vorwürfe zurück. Im Gegensatz zu Cosby und R&B-Sänger Kelly wurde Spacey vor Gericht bisher nie für schuldig befunden.
Erste Missbrauchsvorwürfe im Oktober 2017
Die ersten Missbrauchsvorwürfe gegen Spacey waren im Oktober 2017 kurz nach Beginn der #MeToo-Bewegung bekannt geworden. Der Schauspieler Anthony Rapp warf Spacey vor, ihn 1986 im Alter von 14 Jahren sexuell belästigt zu haben. Eine Strafanzeige von Rapp wurde abgewiesen, im anschließenden Zivilprozess wurde Spacey freigesprochen.
Ein weiteres Strafverfahren im US-Bundesstaat Massachusetts wurde im Juli 2019 eingestellt, weil das mutmaßliche Opfer die Aussage verweigerte.
Die Vorwürfe hatten für Spacey jedoch schwerwiegende Folgen: Er fiel in der Branche in Ungnade und erlebte einen dramatischen Karriere-Absturz.
Unter anderem verlor er seine Hauptrolle in der Netflix-Kultserie „House of Cards“. Bis heute will kein Hollywood-Studio mit ihm zusammenarbeiten. In London hofft er nun auf einen Freispruch und ein Comeback. Der Prozess soll am Montag fortgesetzt werden und insgesamt etwa vier Wochen dauern. (AFP)
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de