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Heute vor 156 Jahren: Kein guter Tag für die Samurai
Ein 9. November markiert auch für Japan eine Zeitenwende. In der Folge wandelte sich der Feudalstaat im Turbo-Tempo zu einer ökonomischen, technologischen und wissenschaftlichen Weltmacht.
Eine Kolumne von
Er hatte sich das etwas anders vorgestellt. Und abgesprochen war es auch anders. Aber so richtig angeschmiert waren letztendlich vor allem seine Gegner.
Am 9. November 1867, heute vor 156 Jahren, trat Tokugawa Yoshinobu, der 15. Shōgun Japans, von seiner de facto Alleinherrschaft zurück. Er übergab die Macht formal dem bis dahin de facto vor allem zeremoniell agierenden Kaiser. Der Schritt war Teil einer Reform-Abmachung mit jenem jungen „Tenno“ und einflussreichen Samurai. Demnach sollte Yoshinobu danach die wichtige Funktion des Chefs einer Art Ältestenversammlung innehaben. Genau jene Samurai verschworen sich aber gegen ihn, inklusive gefälschter Dokumente. Letztlich lenkte der Ex-Shōgun ein. Er ersparte dem Land damit einen Bürgerkrieg und zog sich weitgehend ins Privatleben zurück.
Demontage des alten Adels
Die Samurai selbst hatten nicht viel von ihrem Coup. Vielmehr wurden ihnen bald ihr üppiges Einkommen und viele ihrer Sonderrechte entzogen. Zu letzteren gehörte auch, Leute, die sich nicht respektvoll verhielten, schnell mal zu exekutieren.
Mit dem Abdanken des Shōguns begann in Japan der Prozess der Meiji-Restauration, benannt nach dem damaligen Kaiser: die Reformierung und Öffnung des bis Mitte des 19. Jahrhunderts komplett abgeschotteten Feudalstaates hin zur Moderne.
Turbo-Modernisierung
Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich das Land der Schwertkämpfer und Geishas zu einer technologischen und militärischen Macht, die bald auch offensiv und siegreich regionale Kriege führte. Experten für Wissenschaft und Technik aus dem Ausland wurden angeworben. Heute weltweit agierende Unternehmen wurden gegründet.
Trotzdem lief das Land 1945 als Verbündeter Hitler-Deutschlands in die bekannte Katastrophe. Doch es folgte ein erneuter Aufstieg zur technologischen und auch wissenschaftlichen Macht. Den ersten Nobelpreis für einen Japaner gab es 1949. Bis heute sind es 29, allesamt für Männer. Das ist Platz sieben in der Länderwertung.
Frühes Symbol der japanischen Zeitenwende: die Ewigkeits-Uhr des Toshiba-Gründers Hisashige Tanaka aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
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Japan sieht sich gegenwärtig den verschiedensten Problemen gegenüber, von der zunehmenden Bedrohung durch China bis hin zu einer stark überalterten Bevölkerung. Es hat aber nach wie vor das vierthöchste Bruttoinlandprodukt weltweit.
Der letzte Shōgun, der nur etwas länger als ein Jahr an der Macht gewesen war, widmete sich bis zu seinem Tode 1913 vor allem eher traditionellen Aktivitäten wie der Malerei und dem Bogenschießen. Ein sehr modernes Hobby allerdings hatte er auch: die Fotografie.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de