© Abb.: ESA/C.Carreau Ein neues Fenster zum Universum: Zum Anfang der Welt zurückschauen
Die Lisa-Mission ist startklar: Drei Satelliten sollen Mitte der 2030er-Jahre im Weltall Gravitationswellen messen. Forschende erwarten revolutionäre Ergebnisse.
Von Jan Kixmüller
Das künftige Weltraumobservatorium Lisa hat entscheidende Hürden für seine Verwirklichung genommen. Das Satellitenprojekt zur Beobachtung von Gravitationswellen im All tritt nun in die nächste Phase seiner Umsetzung ein.
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Es sei nun auf einem guten Weg zum Start Mitte der 2030er-Jahre, heißt es vom Lisa-Konsortium, der europäischen Weltraumorganisation Esa als federführender Agentur und der US-Weltraumagentur Nasa. Daneben spielt auch das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) in Hannover und Potsdam eine zentrale Rolle für das Vorhaben. In dieser Woche findet ein internationales Symposium zu Lisa statt.
Messung war wissenschaftlicher Durchbruch
Das Albert-Einstein-Institut war auch maßgeblich an der ersten Messung einer Gravitationswelle am 14. September 2015 beteiligt. 100 Jahre nachdem Albert Einstein ihre Existenz vorhergesagt hatte, und nach Jahrzehnten akribischer Suche, waren diese minimalen Veränderungen in der Raumzeit erstmals direkt nachgewiesen worden.
Der wissenschaftliche Durchbruch damals war mit erdgebundenen Detektoren gelungen, seitdem wurden wiederholt solche Schwerkraftwellen aus der Tiefe des Universums gemessen. Verursacht werden sie durch Systeme beschleunigter Masse wie etwa Doppelsternsystemen, um einen Stern kreisende Planeten, aber auch durch die Kollision großer Massen, etwa zweier Schwarzer Löcher.
Einsteins Welle. Die Simulationen zeigen, wie zwei Schwarze Löcher verschmelzen und dabei Gravitationswellen freisetzen. © Abb.: S. Ossokine/A. Buonanno/Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik/W. Benger/Airborne Hydro Mapping GmbH/dpa
Das Ziel der Lisa-Mission ist nun, diese Wellen direkt im Weltall frei von Störungen auf der Erde messen zu können. Die Wellen liefern Forschenden Signale aus der Frühzeit des Universums. So erhoffen sie sich, ein sehr viel besseres Bild vom Ursprung der Welt zu erhalten. Sie sprechen auch von einem neuen Fenster zum Universum.
Erwartet werden revolutionäre wissenschaftliche Ergebnisse. Forschende erhoffen sich davon auch, weiter als bislang möglich, zum Anfang des Universums zurückblicken zu können. Das Konsortium spricht von einem nie dagewesenen Blick auf das Universum.
Verschmelzende Schwarze Löcher und Neutronensterne
Messungen von Gravitationswellen geben den Forschenden zahlreiche Informationen, die bislang nicht zu erhalten waren: „Die gemessenen Signale erlauben es zum ersten Mal, verschmelzende Schwarze Löcher und Neutronensterne zu beobachten und so auf ihre Eigenschaften zu schließen“, so die AEI-Forscherin Alessandra Buonanno.
Das Lisa-Observatorium im All wird aus drei Satelliten bestehen, die in einer Dreieckskonstellation fliegen und so einen Detektor mit 2,5 Millionen Kilometer langen Laserarmen bilden. Die Satelliten werden der Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne folgen und sollen Gravitationswellen von Quellen aus dem gesamten Universum beobachten.
Das Satelliten-Observatorium unterscheidet sich grundlegend von anderen Weltraumteleskopen. Gemessen werden nicht elektromagnetische Wellen, sondern die durch Gravitationswellen hervorgerufenen Veränderungen in der Raumzeit.
Gravitationswellen dehnen und stauchen das Raum-Zeit-Kontinuum. In dem in den Millionen Kilometer umspannenden Laserdreieck zwischen den drei Lisa-Satelliten erzeugen sie beim Durchgang minimale Abstandsänderungen – kleiner als der Durchmesser eines Atoms.
Die Detektoren von Lisa werden diese winzigen Verschiebungen nachweisen, um so die Schwerkraftwellen zu messen. Im Inneren der drei Satelliten sind in freiem Fall befindliche Testmassen positioniert. Die Laserdetektoren von Lisa überwachen sie unablässig, beim Durchgang einer Gravitationswelle ändern sie ihre Position – die Welle ist gemessen.
Gravitationswellen-Jäger: Karsten Danzmann (l-r), Professor für Physik an der Leibniz Universität Hannover und Direktor des Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover, Alessandra Buonanno, Professorin der Physik und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Potsdam-Golm, und Bruce Allen, Professor für Physik an der Leibniz Universität Hannover und am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik. © Sebastian Gollnow/dpa
„Werden die wissenschaftlichen Ergebnisse mit den Beobachtungen anderer boden- und weltraumgestützter Observatorien kombiniert, können enorme Fortschritte in der Multi-Messenger-Astronomie erzielt werden“, heißt es vom Lisa-Konsortium. Das Observatorium wird die Gravitationswellen in einem niedrigeren Frequenzband als die erdgebundenen Detektoren Ligo und Virgo messen: „Dadurch wird die Mission viel größere Systeme und zeitlich weit zurückliegende Ereignisse in der Frühzeit unseres Universums beobachten können.“
Die Mission ist flugbereit
Technologie und Planungen des Vorhabens waren unlängst von der US National Academy of Sciences überprüft worden. Nun haben Esa, Nasa, Wissenschaftler:innen und Wirtschaft grünes Licht für die nächste Entwicklungsphase gegeben. Das Projekt hat damit einen entscheidenden Kontrollpunkt passiert und geht nun von der Phase der Konzeptstudie in den Umsetzungsprozess.
Tanz der Schwarzen Löcher. Die gemessenen Gravitationswellen entstanden beim Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher – deren Vorgänger waren Riesensterne mit der vielfachen Masse unserer Sonne. © Abb.: REUTERS
Ein Test im Weltraum hatte mit der Lisa-Pathfinder-Mission bereits im Jahr 2015 stattgefunden und ergeben, dass Lisa die benötigte Messtechnik und alle Anforderungen erfüllt – und flugbereit ist.
Karsten Danzmann, Leiter des Lisa-Konsortiums, sieht das Vorhaben nach den Evaluationen nun auf der Zielgeraden: „Wir entwickeln jetzt alle Details von Lisa und legen die vollständigen Anforderungen und die Überprüfungsstrategie fest.“ Martin Gehler, Lisa-Studienleiter bei der Esa, sieht die zurückliegende Überprüfung als einen großen Erfolg für alle Beteiligten.
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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de