Corona-Variante Acrux: „Solange sich das Virus schleichend verändert, ist das gut für uns“

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Die Variante XBB.2.3, die in 53 Ländern kursiert, wird nun von der WHO beobachtet. Dass immer wieder neue Subvarianten des Virus auftauchen, sei keine schlechte Nachricht, sagt ein Experte.

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Coronavirus-Variante XBB.2.3, auch Acrux genannt, auf ihre Beobachtungsliste genommen. Darauf führt sie Varianten, von denen vermutet wird, dass sie ein hohes Ansteckungsrisiko darstellen könnten und deshalb verstärkt überwacht werden müssen.

Acrux ist eine Rekombination aus zwei Omikron-Sublinien (BA.2.10.1 und BA.2.75). Sie wurde erstmals im Dezember 2022 in Indien nachgewiesen, seit März 2023 wächst die Zahl der Infektionen mit der Variante im Land signifikant an. Laut dem indischen Mediziner Vipin Vashishta, der auch Mitglied der WHO-Vakzin-Gruppe ist, verbreite sich die neue Variante innerhalb der XBB-Familie, zu der sie gehört, am schnellsten.

Wir können uns, wie bei jeder Infektionskrankheit, auch bei Sars-CoV-2 nie ganz sicher sein, dass nicht wieder etwas Gefährliches kommt; und deswegen ist weltweite permanente Beobachtung wichtig.

Emanuel Wyler, Forscher am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin

Acrux habe das Potenzial, die ansteckende Variante XBB.1.16, auch Arcturus genannt, abzulösen, schrieb er auf Twitter. Arcturus gehört neben XBB.1.5 ebenfalls zur höheren Stufe, der „Varianten von Interesse“. Auf der Beobachtungsliste der WHO stehen neben XBB.2.3 noch sechs weitere Corona-Varianten. Für keine wird eine Erhöhung der Krankheitsschwere beobachtet.

Bislang ist Acrux nach Angaben der Wissenschaftsinitiative Gisaid in den Proben von 53 Ländern weltweit aufgetaucht. In Deutschland spielt sie bislang keine Rolle, zumindest wird sie in den jüngsten Wochenberichten des Robert-Koch Instituts nicht aufgeführt. Hierzulande wird die Omikron-Sublinie XBB.1.5 am häufigsten nachgewiesen. Die neu unter Beobachtung genommene Variante XBB.2.3 entwickelt viele Nachkommen, insgesamt 13 konnten bislang nachgewiesen werden.

Sars-CoV-2 mutiert weiter

„Eigentlich ist es so: Solange sich das Virus schleichend verändert, ist das gut für uns. Schlecht für uns wäre ein großer Sprung in der Evolution, so wie es damals von Delta zu Omikron war“, sagt Emanuel Wyler, Forscher am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin. Insofern sei es gar keine schlechte Nachricht, dass immer wieder was Neues kommt. „Das heißt ja auch, dass der Evolutionsdruck auf das Virus durch die Immunität in der Bevölkerung groß ist.“

Was es aber nicht heißt: Dass nicht plötzlich eine der vielen neuen Untervarianten deutlich gefährlicher werden kann. „Bisher, seit Anfang 2022, mit Omikron BA.1, ist das nicht geschehen, aber es kann vorkommen“, sagt der Molekularbiologe. Das sei ähnlich wie bei der Grippe: Plötzlich habe man nach milden Grippejahren wieder ein schweres, wie etwa 2017/2018.

Neben Indien habe auch Großbritannien XBB.2.3 auf dem Radar. Dort setze sich die Variante nicht durch. Die Daten würden erst mal nicht stützen, dass sich Acrux schnell verbreitet. „Wir hatten solche Situationen in den letzten Monaten auch schon, dass sich einige Untervarianten in gewissen Weltregionen schneller verbreiten als andere“, so Wyler.

Wie jede irgendwo ansteigende Untervariante verdiene auch XBB.2.3 Beachtung. „Und wir können uns, wie bei jeder Infektionskrankheit, auch bei Sars-CoV-2 nie ganz sicher sein, dass nicht wieder etwas Gefährliches kommt; und deswegen ist weltweite permanente Beobachtung wichtig. Aber nach einem akuten Alarm sieht es zurzeit nicht aus“, fasst er zusammen.

Weltweit wurden laut der WHO zwischen dem 17. April und 14. Mai 2023 fast 2,6 Millionen neue Covid-19-Fälle und über 17.000 Todesfälle gemeldet. Das entspricht einem Rückgang von 14 beziehungsweise 26 Prozent gegenüber dem Vormonat. Südostasien würde derzeit die meisten Infektionen und Todesfälle verzeichnen.

In Deutschland gibt es knapp 18.000 aktive Corona-Fälle. Es muss allerdings von weit höheren Zahlen ausgegangen werden, da es keine Verpflichtung mehr gibt, sich bei Symptomen (mit PCR) testen zu lassen. 277 Menschen werden aktuell aufgrund eines schweren Covid-19-Verlaufs intensivmedizinisch betreut.

Die WHO hat XBB.2.3 bereits am 18. Mai auf die Beobachtungsliste genommen. Allerdings hat die Genfer Behörde dies, wie sonst üblich, nicht öffentlich mit einem Statement mitgeteilt.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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